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Du bist erfolgreicher, wenn Du Deine Stärken ausbaust, statt Deine Schwächen zu beseitigen

    Stärken und Schwächen

    Wusstest Du, dass es falsch ist, Deine Schwächen auszubessern?

    Die meisten Menschen machen den Fehler, ihre Schwächen korrigieren und beseitigen zu wollen. Oftmals hat dies mit unserer Erziehung zu tun. Das ist aber ein großer Fehler!

    In diesem Artikel zeige ich Dir, was Du stattdessen besser tun sollst.

    Inhaltsverzeichnis

    Vorstellungsgespräche und die Frage nach Deinen Stärken und Schwächen

    Du kennst es sicher: Nachdem Du Dich auf eine ausgeschriebene Stelle beworben hast, wirst Du (mit etwas Glück) zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Du bereitest Dich vor, überlegst Dir, welche Fragen gestellt werden könnten und wie Du darauf antwortest.

    Zwei Fragen, auf die Du Dich mit Sicherheit vorbereiten wirst, weil sie in 99 Prozent aller Vorstellungsgespräche gestellt werden, lauten:

    • Was sind Ihre Stärken?
    • Was sind Ihre Schwächen?

    Ich will hier jetzt aber keinen Artikel darüber schreiben, wie Du diese beiden Fragen am besten beantwortest. Diese Thematik haben bereits unzählige andere Autoren von A bis Z durchgekaut. Jedoch will ich Dir eine Frage beantworten, die damit zusammenhängt und die Du Dir sicher auch schon stelltest:

    • Was ist sinnvoller: Soll ich daran arbeiten, meine Stärken zu stärken oder daran, meine Schwächen auszubessern?

    Kenne Deine Schwächen

    Natürlich ist es enorm wichtig, genau zu wissen, wo Deine Schwächen liegen. Höre deshalb immer auf das Feedback von Vorgesetzten, Mitarbeitenden sowie Freunden und Bekannten. Sie geben Dir – manchmal direkt, manchmal zwischen den Zeilen – wertvolle Hinweise.

    Ich vergleiche das gerne mit der Gesundheit: Wenn Du krank bist, fürchtest Du vielleicht die Diagnose (= das Feedback) des Arztes – es könnte ja Krebs oder eine andere lebensgefährliche Krankheit sein. So groß die Angst aber auch ist, ist es für Dich besser, die Diagnose zu kennen; nur so kannst Du die geeigneten Maßnahmen in die Wege leiten. Genau gleich ist es auch mit Deinen Schwächen: Es ist nicht angenehm, zu erfahren, was Deine Schwächen sind; aber mittel- bis langfristig hilft es Dir, wenn Du sie kennst.

    Die Betonung liegt hier ganz klar auf Schwächen kennen und nicht auf Schwächen beseitigen! Du sollst Deine Schwächen kennen, um zu vermeiden, dort Zeit zu investieren, wo Du schwach bist.

    Jetzt brachten Dir verschiedene Menschen in der Vergangenheit vermutlich bei, an Deinen Schwächen zu arbeiten. In den nächsten Kapiteln erfährst Du, weshalb das Unsinn ist und was Du stattdessen tun sollst.

    Stärke Deine Stärken

    Die Unmenschlichkeit beginnt schon damit, von Menschen überhaupt die Beseitigung ihrer Schwächen zu verlangen. Das allein erfordert fast immer enorme – und gelegentlich übermenschliche – Anstrengungen. Das wäre an sich aber noch nicht das entscheidende Problem, denn man könnte ja hoffen, dass der Aufwand durch die damit erzielten Ergebnisse zu rechtfertigen sei. Diese Hoffnung erweist sich meistens als falsch.

    Prof. Dr. Fredmund Malik (Führen Leisten Leben)

    Wenn Du an Deinen Schwächen arbeitest, kannst Du vielleicht eine schlechte Leistung zu einer durchschnittlichen Leistung verbessern. Das mag sich für Dich vielleicht toll anhören. Du musst dabei aber bedenken: Es wird immer Menschen geben, die in dieser Fähigkeit, in welcher Du jetzt durchschnittlich bist, weit überdurchschnittlich und damit nach wie vor deutlich besser sind als Du.

    Wir leben nun einmal in einer Welt, in der es nicht mehr reicht, nur durchschnittlich zu sein. Rolf Dobelli beschreibt es in seinem Buch Die Kunst des guten Lebens: 52 überraschende Wege zum Glück wie folgt:

    Wenn wir beobachten könnten, wie unsere Urahnen vor 50’000 Jahren lebten und arbeiteten, wären wir überrascht, wie gut fast alle fast alles beherrschten. Es gab keinen Spezialisten für Steinaxt-Design, Steinaxt-Herstellung, Steinaxt-Marketing, Steinaxt-Kundenservice, Steinaxt-Schulung oder Steinaxt-Community-Management. Es gab nicht mal jemanden, der sich darauf beschränkte, mit Steinäxten herumzufuchteln. Jeder stellte seine eigenen Äxte her, und jeder wusste, wie sie zu handhaben waren. Der Jäger und Sammler kennt keinen »Beruf«. Ein Steinzeitmensch konnte nur als Generalist überleben, als Spezialist hatte er keine Chance. Seit 10’000 Jahren verhält es sich genau umgekehrt: Heute kann der Mensch nur als Spezialist überleben, als Generalist hat er keine Chance. Die letzten Generalisten – die Allesschreiber unter den Journalisten – haben den Wert ihres Handwerks ins Bodenlose fallen sehen. Erstaunlich, wie rasant Allgemeinbildung unbrauchbar geworden ist.

    Im Zug der Globalisierung verschmolzen Nischen, die früher geografisch getrennt waren. Der Tenor einer Stadt und der Tenor der nächsten Stadt, die sich beide eines stattlichen Einkommens erfreuten und einander nie in die Quere kamen, fanden sich mit dem Aufkommen der Schallplatte plötzlich in derselben – jetzt globalen – Nische wieder. Auf einmal brauchte die Welt nicht mehr 10’000 Tenöre. Drei genügten. Der »Winner takes all«-Effekt führte zu einer krassen Ungleichverteilung der Einkommen. Wenige Gewinner grasen fast den gesamten Markt ab, der große Rest fristet ein kümmerliches Randdasein.

    Dr. Jordan B. Peterson beschreibt es in seinem Buch 12 Rules For Life: Ordnung und Struktur in einer chaotischen Welt (deutsche Ausgabe) ganz ähnlich:

    Als wir noch überwiegend auf dem Land lebten, war es viel leichter, in irgendetwas gut zu sein. Die eine war die Ballkönigin, die andere die Nummer eins beim Buchstabierwettbewerb, wieder jemand anderes das Mathegenie oder der Baseballcrack. Es gab nur zwei weitere Automechaniker am Ort und nur eine Handvoll Lehrer. Aber jede und jeder von ihnen badete gewissermaßen in Serotonin, denn sie waren die unbestrittenen Lokalmatadore auf ihrem Gebiet, local heroes. Wenn Sie heutzutage der eine Überflieger unter einer Million Mittelmäßigen sind, aber zufällig in New York wohnen, dann sind Sie eben nur einer von zwanzig.

    Mit der Verbesserung Deiner Schwächen ist deshalb kein Blumentopf zu gewinnen. Du musst zwingend herausfinden, in welchem Bereich Du Weltklasse sein kannst. Lies dazu auch das Kapitel über den Winner-Take-All-Effekt in meinem Artikel Nie genug Zeit für Deine wichtigsten Aufgaben? Mit diesem einfachen Trick änderst Du das!.

    Wer Leistung erbringen will oder muss, muss sich auf das beschränken, was er kann, wo er seine Stärke hat. Selbst dann ist es schwierig genug, Leistung zu erbringen und erfolgreich zu sein.

    Prof. Dr. Fredmund Malik (Führen Leisten Leben)

    Deshalb gebe ich Dir den Tipp: Konzentriere Dich auf Deine Stärken und lerne, mit Deinen Schwächen umzugehen. Anstatt Zeit in das Reparieren von Dingen zu verschwenden, die die Natur Dir nicht mit auf den Weg gab, investiere lieber Zeit in das Schärfen Deiner Stärken.

    Jede Stunde, die Du damit verbringst, in jenen Bereichen zu arbeiten, in denen Du stark bist, bringt Dich Deinen Zielen näher. Hier kannst Du wachsen. Hier kannst Du punkten. Hier verdienst Du am meisten Geld.

    Auch Top-Performer sind nicht in allem gut

    Egal, an welchen Top-Performer Du denkst, ob aus dem Sport, der Wirtschaft oder anderen Bereichen: Alle Menschen sind unvollkommen; niemand ist perfekt. Jeder hat seine Schwächen. Was aber die meisten Top-Performer anderen Menschen voraus haben: Sie wissen, wo ihre einzigartige und größte Stärke liegt und konzentrieren ihre Zeit möglichst nur auf Dinge, bei denen sie diese Stärken und Leidenschaften einsetzen können.

    Niemand kann in jedem Bereich überdurchschnittlich sein. Würdest Du Einstein in Deinem Basketballteam haben wollen? Würdest Du schlecht über ihn denken, wenn er nicht gut dribbeln und schießen kann? Es gab mit Sicherheit viele Bereiche, in denen Einstein inkompetent und nicht zu gebrauchen war. Aber das war ihm egal; er konzentrierte sich darauf, in jenen Bereichen zu brillieren, in denen er bereits stark war.

    Und ist der ehemalige Basketballer Dirk Nowitzki ein Versager, weil er möglicherweise nichts von  Quantenphysik versteht? Natürlich nicht! Er gehörte zu den besten Sportlern der Welt und erhielt dafür viel Ruhm, Ehre und Geld. Er muss nicht auch noch mit Einstein mithalten können.

    Konzentriere Dich auf Deine Stärken; sich auf die Schwächen und deren Beseitigung zu konzentrieren, bringt nämlich nichts. Es entstehen keine Stärken durch das Beseitigen von Schwächen, sondern die Schwächen sind einfach nicht mehr da. Punkten kannst Du aber nur mit Deinen Stärken.

    Wer seine Schwächen beseitigt, oft mit übermenschlichen Anstrengungen, erreicht damit selten mehr als Mittelmaß. Der Aufwand ist gigantisch, das Ergebnis im Vergleich kläglich und entmutigend.

    Prof. Dr. Fredmund Malik (Führen Leisten Leben)

    Auf die Umgebung kommt es an

    Es gibt keinen absoluten Top-Performer, der immer und überall erfolgreich ist. Jeff Hunter, der frühere Personalchef des US-amerikanischen Hedgefonds Bridgewater Associates, brachte diesbezüglich in einem Gespräch mal das Beispiel von Ron Johnson, des früheren Leiters der Apple Stores.

    Johnson war im Unternehmen von Steve Jobs ein absoluter Top-Performer. Er stand sogar in der engeren Auswahl für die Nachfolge von Jobs. Jedoch wurde Johnson zu einem „Under-Performer“, nachdem er als neuer CEO von JCPenney (eine US-amerikanische Ladenkette) gewählt wurde. Wegen seiner schlechten Leistung entließ man ihn dort sogar nach einiger Zeit fristlos.

    Auch ein vermeintlicher Top-Performer wie Ron Johnson kann demnach nicht immer und überall erfolgreich sein. Und was auf ihn zutrifft, das trifft auch auf Dich zu. Es gibt nicht die „beste Chefin“ oder den „besten Mitarbeiter“. Ebenso wenig wie es das „beste Tier“ gibt. Es wäre albern, darüber zu streiten, ob die Stechmücke oder der Tiger besser ist. Der Punkt ist, dass beide in einem bestimmten Ökosystemkontext optimal (oder nahezu optimal) sind.

    Wenn Dich Deine Chefin an Deinem aktuellen Arbeitsplatz schlecht bewertet, dann bist Du noch längst kein Taugenichts. Du bist einfach in der falschen Umgebung. Sehr wahrscheinlich gibt es auch für Dich die eine Umgebung, in welcher Du eine absolute Top-Leistung erbringen kannst! Du musst diese Umgebung einfach finden.

    Komparativer Vorteil durch Stärken

    Das Konzept des komparativen Vorteils kennen wir aus der Volkswirtschaft. Unter diesem Link findest Du eine Erklärung am fiktiven Beispiel von Deutschland und Frankreich und deren Produktion von Baguettes und Broten.

    Stark vereinfacht und in einem Satz gesagt: Das Konzept des komparativen Vorteils besagt, dass sich jeder auf das konzentrieren soll, das er besser kann als sein Gegenüber.

    Und wenn Du in einem Bereich besser bist als die Anderen, dann kannst Du Deinen komparativen Vorteil noch erhöhen, wenn Du versuchst, in genau diesem Bereich noch besser zu werden. Sprich: Es ist besser, Deine Stärken auszubauen, als Deine Schwächen zu beseitigen.

    Alle großen Leistungen – im Sport, in Kunst und Wissenschaft, in Wirtschaft und Politik – sind das Ergebnis der kompromisslosen Nutzung von Stärken, die man schon hat. Sie sind von Menschen erbracht worden, die von anderen oder durch sich selbst ermutigt wurden, ihre Schwächen weitgehend zu ignorieren und sich mit deren Beseitigung nicht abzuquälen, sondern «mit den Talenten zu wuchern», die ihnen mitgegeben waren.

    Prof. Dr. Fredmund Malik (Wenn Grenzen keine sind)

    Schwächen innerhalb von Stärken

    Heißt dies nun, Du sollst alle Deine Schwächen komplett vernachlässigen und außer Acht lassen? Nicht ganz. Was das betrifft, gefällt mir der Ansatz von Angela Duckworth, Professorin an der University of Pennsylvania: „Choose easy, then work hard.“ Wähle einen Bereich, in dem Du gut bist und der Deinen Stärken entspricht. Arbeite anschließend innerhalb dieses Bereichs daran, allfällige vorhandene Schwächen auszubügeln.

    Wenn Du zum Beispiel in der Informatik arbeiten möchtest, Dir das Programmieren liegt und Du entsprechend begabt bist, dann finde heraus, welche Aspekte dieses Berufs Dir am wenigsten liegen und arbeite daran.

    Arbeite an der Kombination Deiner Stärken

    Heute reicht es nicht mehr, nur in einem Bereich überdurchschnittlich zu sein. Dein Alleinstellungsmerkmal – Dein USP, wie es in so vielen Unternehmen heute heißt – ist nicht eine einzelne Stärke; es ist die Summe Deiner Stärken.

    Hast Du etwa eine überdurchschnittliche Ahnung von Landwirtschaft und früher vielleicht sogar die Ausbildung zum Landwirt erfolgreich gemeistert? Inzwischen aber hast Du umgesattelt und bist Informatiker? Dann kombiniere diese beiden Stärken und stelle Software für die Landwirtschaft her! Möglicherweise gibt es wenige Leute, die in dieser spezifischen Nische so viel Ahnung haben wie Du und die sowohl die „Sprache der Landwirtschaft“ als auch die „Sprache der Informatik“ sprechen.

    Achte in der Führung auf die Stärken Deiner Mitarbeitenden

    Ich finde es enorm wichtig, Mitarbeitende – so weit dies möglich ist – entsprechend ihrer Stärken einzusetzen.

    Das ist nicht immer ganz einfach. Insbesondere bei neuen Mitarbeitenden braucht es seine Zeit, bis Du überhaupt erkennst, wo die Stärken der neuen Teammitglieder liegen. Das Onboarding von Mitarbeitenden ist ein Prozess, der viele Monate dauert. Während dieser Zeit solltest Du regelmäßige kleine und einige große Beurteilungen durchführen. Nach jeder dieser Beurteilungen kannst Du die Aufgaben noch gezielter auf die Stärken der Mitarbeitenden zuschneiden. Dies ist ein iterativer Prozess, bei dem die gesammelten Erfahrungen aus Einarbeitung, Ausprobieren und Anpassung zu immer besser geeigneten Rollen und Aufgaben für die Mitarbeitenden führen.

    Die Aufgabe von Management ist es, Menschen so zu nehmen, wie sie sind, ihre Stärken herauszufinden und ihnen durch entsprechende Gestaltung ihrer Aufgaben die Möglichkeit zu geben, dort tätig zu werden, wo sie mit ihren Stärken eine Leistung erbringen und Ergebnisse erzielen können.

    Prof. Dr. Fredmund Malik (Führen Leisten Leben)

    Lesetipps

    Es ist enorm wichtig, dass Du Dich mit diesem Thema beschäftigst und herausfindest, wo Deine einzigartigen Stärken liegen! In erster Linie lege ich Dir die Lektüre der vier in diesem Artikel erwähnten Bücher ans Herzen:



    Dieser Artikel von Andreas Hobi ist lizenziert unter CC BY-SA 4.0

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