Fast jede Nacht machst Du eine erstaunliche Metamorphose durch. Dein Gehirn verändert sein Verhalten und seinen Zweck tief greifend und knipst Dein Bewusstsein aus. Eine Zeit lang bist Du fast völlig gelähmt. Du kannst nicht einmal mehr zittern. Deine Augen bewegen sich von Zeit zu Zeit hinter geschlossenen Lidern, als würden sie sehen, und die winzigen Muskeln in Deinem Mittelohr bewegen sich selbst in der Stille, als würden sie hören. Manchmal glaubst Du in diesem Zustand sogar, dass Du fliegen kannst.
Du schläfst. In diesem Zustand verbringst Du rund ein Drittel Deines Lebens.
Um 350 v. Chr. schrieb Aristoteles einen Aufsatz „De somno et vigilia“ („Über Schlafen und Wachen“). Er fragte sich, was wir da tun und warum. In den folgenden 2’300 Jahren hatte niemand eine vernünftige Antwort.
Im Jahr 1924 erfand der deutsche Psychiater Hans Berger den Elektroenzephalografen, der die elektrische Aktivität des Gehirns aufzeichnet. Damit verlagerte sich die Erforschung des Schlafs von der Philosophie zur Wissenschaft. Doch erst in den letzten Jahrzehnten, als bildgebende Geräte immer tiefere Einblicke in das Innenleben des Gehirns ermöglichten, haben wir uns einer überzeugenden Antwort auf Aristoteles genähert.
Wenn Du bereits den einen oder anderen Artikel hier auf meiner Webseite gelesen hast, weißt Du: Hier lernst Du, wie Du aus der zur Verfügung stehenden (oft knappen) Zeit mehr herausholst. Wenn Du täglich 8.5 Stunden im Büro sitzt, sollst Du diese Zeit so produktiv wie nur möglich nutzen können. Eine der mit Abstand wichtigsten Stellschrauben für eine hohe Produktivität ist der Schlaf. Wer genügend und richtig schläft, der holt aus seinen 8.5 Stunden viel mehr heraus, als die übermüdeten Arbeitskolleginnen und -kollegen.
Wenn Du diesen Artikel gelesen hast, weißt Du, auf was Du beim Schlaf achten musst.
Zuerst gebe ich Dir wichtige Informationen zur Funktionsweise des Schlafs und den Auswirkungen von Schlafmangel. Anschließend erfährst Du, wie viele Stunden Du schlafen solltest und wie Du Deinen Schlaf optimierst.
Inhaltsverzeichnis
- Was wir über Schlafmangel wissen
- Wie der Schlaf funktioniert
- Schlaf ist kein Alles-oder-Nichts-Zustand
- Quantität und Qualität des Schlafs
- Die ideale Schlafdauer (Quantität des Schlafs)
- Die Schlafhygiene (Qualität des Schlafs)
- Schlafoptimierung
- Die Voraussetzungen waren noch nie so gut
- Hände weg von Schlafmitteln!
- Kalte Duschen können helfen
- Mache ein Nickerchen
- Das Märchen der schlaflosen Elite
- Fazit
Was wir über Schlafmangel wissen
Es gibt Menschen, die der Ansicht sind, sie seien mit fünf bis sechs Stunden Schlaf ebenso produktiv wie andere mit acht Stunden Schlaf. Experten widersprechen hier klar. Diese Menschen haben vielleicht das Gefühl, auf dem Maximum ihrer Leistungsfähigkeit zu sein, da sie es gewohnt sind, mit angezogener Handbremse zu fahren. Sie haben sich an die Müdigkeit gewöhnt und spüren diese gar nicht mehr. Dabei wissen sie gar nicht mehr, wozu sie eigentlich fähig wären, wenn sie ausgeruht durch den Tag gingen.
Wenn Du weniger als sieben bis neun Stunden schläfst, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Du zu diesen Menschen gehörst und nicht die Leistung abrufst, zu der Du fähig bist. Deine Konzentration ist tiefer, als sie sein könnte, Deine Fehlerrate und die Risikobereitschaft sind höher, und interessanterweise neigst Du bei zu wenig Schlaf zu unethischem Verhalten. Der Ökonom Marco Hafner hat zudem berechnet, dass Kurzschläfer pro Jahr fünf bis zehn Arbeitstage verlieren im Vergleich zu Menschen, die sieben bis neun Stunden pro Nacht schlafen – weil sie öfter krank werden und am Arbeitsplatz weniger leistungsfähig sind.
Die amerikanische Denkfabrik RAND Corporation kam in einer Studie zum Schluss, dass Schlafmangel erhebliche wirtschaftliche Kosten verursacht. Allein in den USA belaufe sich der Schaden auf 411 Milliarden US-Dollar jährlich. Auch in anderen Staaten wie Deutschland, Großbritannien oder Kanada entstünden Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe. Der Schaden für die Schweizer Volkswirtschaft beläuft sich gemäß Hafners Studie auf 5 bis 8 Milliarden Franken pro Jahr.
Wenn Du zu wenig schläfst, hast Du ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, Diabetes und Infektionen, da Deine Immunabwehr geschwächt ist. Du bist dann häufiger krank, hast mehr Fehlzeiten und bist weniger produktiv. Der Schlafforscher Jürgen Zulley brachte es mal so auf den Punkt:
„Zu wenig Schlaf macht dick, dumm und krank.“
Bereits ein Schlafdefizit von nur 20 Minuten täglich kann zu einer Reduktion der Erinnerungs- und Leistungsfähigkeit führen. Oft kommen später ausgeprägte Produktivitätseinbussen aufgrund von Müdigkeit und Unkonzentriertheit, eine reduzierte Aufmerksamkeitsspanne, geringere Gedächtnisleistung und längere Reaktionszeiten hinzu. Zu diesen Schlussfolgerungen kam bereits 1996 das Forschungsteam June Pilcher und John Huffcutt im Rahmen ihrer Metastudie.
Die Ergebnisse einer anderen Studie zeigen eindrucksvoll, wie sich ein angesammelter Schlafmangel auf die Leistung auswirken kann. Probanden, die in einer Schlafstudie zwei Wochen lang nur sechs Stunden pro Nacht schlafen durften, waren genauso leistungsschwach wie diejenigen, die zwei Nächte in Folge wach bleiben mussten. In dieser Schlafentzugsstudie wurden die Teilnehmenden zwei Wochen lang auf maximal vier, sechs oder acht Stunden Schlaf pro Nacht eingeschränkt; eine Gruppe erhielt sogar zwei Nächte lang gar keinen Schlaf.
Wie Du Dir vorstellen kannst, hatten die Probanden, die acht Stunden pro Nacht schlafen durften, im Durchschnitt die besten Leistungen. Probanden, die nur vier Stunden Schlaf pro Nacht bekamen, schnitten von Tag zu Tag schlechter ab. Die Gruppe, die sechs Stunden Schlaf bekam, zeigte bis zum 10. Tag der Studie eine relativ gute Leistung. Danach aber war ihre Leistung genauso schlecht wie die der Teilnehmenden, die zwei Nächte ohne Schlaf durchhalten mussten.
Ist das nicht unglaublich? Über zwei Wochen lang nur sechs Stunden Schlaf zu bekommen, ist genauso schlimm wie zwei Tage lang nicht zu schlafen.
Eines der alarmierenden Ergebnisse der Schlafstudie ist, dass die Gruppe mit sechs Stunden Schlaf ihre Schläfrigkeit gar nicht als so schlimm einstufte, obwohl ihre Leistungsfähigkeit dramatisch abnahm. Die Gruppe, die zwei Nächte lang nicht schlief, stufte ihre Schläfrigkeit je länger, desto höher ein. Am Ende des Experiments war ihre gefühlte Schläfrigkeit um zwei Stufen angestiegen. Diese Gruppe konnte ihre Schläfrigkeit demnach realistisch einschätzen. Bei der Gruppe mit sechs Stunden Schlaf erhöhte sich die gefühlte Müdigkeit nur um eine Stufe, obwohl sie genau gleich wenig leistungsfähig war. Die Teilnehmenden dieser Gruppe hatten kein realistisches Bild davon, wie schläfrig sie eigentlich sind.
Das erklärt vermutlich auch, weshalb Manager nach nur wenigen Stunden Schlaf behaupten, topfit zu sein.
Wie der Schlaf funktioniert
Obwohl der Schlaf einen so großen Teil des Lebens einnimmt, ist er eines der jüngsten Forschungsgebiete. Bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts dachten die Wissenschaftler, Schlaf sei ein konstanter Zustand, in dem das Gehirn komplett untätig ist. Die Entdeckung der schnellen Augenbewegungen während des Schlafs in den 1950er-Jahren stellte dies auf den Kopf. Danach erkannten die Forscher, dass der Schlaf aus fünf verschiedenen Phasen besteht, die der Körper in etwa neunzigminütigen Phasen durchläuft.
Die erste Phase ist so leicht, dass Du beim Aufwachen oft nicht merkst, dass Du geschlafen hast.
Die zweite Phase ist durch das Auftreten schlaftypischer Gehirnwellen gekennzeichnet, die jeweils nur wenige Sekunden andauern. Wenn Du diese Phase des Schlafs erreichst, weißt Du, dass Du geschlafen hast, wenn Du aufwachst. Diese Phase markiert den letzten Punkt, bevor Dein Gehirn eine Reise fernab des Bewusstseins antritt.
Die Phasen drei und vier werden als Tiefschlaf bezeichnet. In der dritten Schlafphase sendet das Gehirn lange, rhythmische Signale aus, die als Deltawellen bezeichnet werden. Die vierte Schlafphase ist der dritten sehr ähnlich, einfach noch intensiver. Dies ist die tiefste Form des Schlafs, in der sich das Gehirn am weitesten vom bewussten Denken entfernt. Wenn Du in der vierten Schlafphase geweckt wirst, bist Du desorientiert, kannst grundlegende Fragen nicht beantworten und willst nur noch zurück in den Schlaf – ein Zustand, den Forscher als Schlaftrunkenheit bezeichnen.
Das letzte Stadium ist der REM-Schlaf, der so genannt wird, weil sich die Augen hinter den geschlossenen Lidern schnell bewegen. In dieser Schlafphase ist das Gehirn genauso aktiv wie im Wachzustand. Hier treten die meisten Träume auf.
Für einen gesunden Schlaf benötigen wir alle Schlafphasen gleichermaßen. Es geht nicht darum, möglichst rasch in den Tiefschlaf zu gelangen. Die Schlafphasen treten mehrmals pro Nacht auf, wie die folgende Grafik zeigt:

Im Traumschlaf ist der Verstand ständig aktiv, lässt die Erfahrungen des Tages Revue passieren und sortiert, welche neuen Informationen relevant und wichtig sind, um sie zu speichern.
Träume sind weder sinnlos, noch sind sie als Ausdruck von unausgesprochenen Wünschen zu verstehen. Sie sind das Ergebnis der Verflechtung neuer Erfahrungen mit den bereits im Gedächtnis gespeicherten Erinnerungen. Das Gedächtnis gibt die Realität jedoch nie eins-zu-eins wider, sondern ist ein kontinuierlicher Vorgang. Träume sind das Ergebnis dieses Vorgangs. Sie entstehen durch das Zusammenführen einer aktuellen, emotional bewerteten Erfahrung mit früheren Erinnerungen.
Diese Vernetzungen werden Teil unserer Persönlichkeit, verleihen unserem Verhalten Kontinuität und vermitteln uns ein bestimmtes Bild davon, wer wir sind.
Schlaf ist kein Alles-oder-Nichts-Zustand
Die Forschung ist sich inzwischen einig, dass Schlaf kein Alles-oder-Nichts-Zustand ist. Wenn Du müde bist, können Teile Deines Gehirns wach sein, während andere Teile schlafen. Das führt zu einem paradoxen geistigen Zustand, in welchem Du glaubst, wach zu sein, aber zentrale neuronale Schaltkreise ausgeschaltet sind. Eines der ersten neuronalen Systeme, die in solchen Fällen offline gehen, ist das Gedächtnis. Auch wenn Du denkst, Du seist wach, ist das Gedächtnissystem dann nicht mehr aktiv. Dies führt zu Ausfällen beim Abruf („wie war das Wort noch mal?“) und bei der Speicherung („ich weiß, Sie haben sich gerade vorgestellt, aber ich habe Ihren Namen bereits wieder vergessen“).
Und hast Du schon mal von „Trance“ gehört? Tagträume und Hypnose sind unter anderem Formen der Trance. In diesem Zustand bist Du weder richtig wach, noch schläfst Du tief. Während der Trance werden einfach ein paar Deiner Körpersysteme heruntergefahren.
Quantität und Qualität des Schlafs
Wenn wir von einem „guten Schlaf“ reden, meinen wir damit immer zwei Dinge:
- Die Schlafdauer (Quantität)
- Die Schlafhygiene (Qualität)
Die ideale Schlafdauer (Quantität des Schlafs)
Wir Menschen schlafen deutlich weniger als andere Affen, aber wir schlafen viel tiefer. Das liegt daran, dass wir in Bodennähe schlafen, nicht Gefahr laufen, von einem Baum zu fallen, und vor Fressfeinden gut geschützt sind.
Anstatt uns darüber zu freuen, dass wir im Vergleich zu den anderen Affen so wenig Schlaf benötigen, versuchen wir aber, mit immer noch ein bisschen weniger Schlaf auszukommen. Die Folge: Die meisten von uns schlafen zu wenig. Die Frage „Wie lange sollte ich schlafen?“ kannst Du also meistens mit „Mehr“ beantworten.
Aber auch zu viel Schlaf ist nicht unbedingt gesund. Die optimale Schlafdauer dürfte zwischen Apple-Chef Tim Cook und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin liegen. Cook hat sich öfter als notorischer Wenigschläfer geoutet, seine E-Mails beantwortet er am liebsten um vier Uhr in der Früh. Putin hingegen gilt als berüchtigter Langschläfer, vor dem Mittag kommt er angeblich kaum in die Gänge. Besonders vorteilhaft ist beides nicht.
Forscher der Universität in San Diego kamen zum Schluss, dass die ideale Schlafdauer für die meisten Erwachsenen bei 7 bis 9 Stunden liegt. Wer länger oder kürzer ins Reich der Träume abtaucht, muss tagsüber auf einen Teil seiner Gehirnleistung verzichten. Es ist aber ein Trugschluss, wenn Du jetzt denkst: „Ich schlafe von Montag bis Freitag jede Nacht 6 Stunden und bleibe dafür am Samstag und Sonntag bis kurz vor Mittag im Bett; damit komme ich im Schnitt auch auf die 7 bis 9 Stunden.“
Auch wenn es verlockend klingt: Du kannst nicht einfach am Wochenende länger liegen bleiben und denken, damit habe sich Dein Schlafdefizit erledigt. Wenn Du am Wochenende deutlich länger schläfst als unter der Woche, ist das ein deutliches Zeichen, dass Du unter einem Schlafmangel leidest. Nur wenn Du am Wochenende in etwa gleich lang schläfst wie unter der Woche, hast Du grundsätzlich genügend Schlaf.
Wissenschaftler der Western University in der kanadischen Provinz Ontario haben das Schlafverhalten von über 10’000 Personen untersucht. Sie befragten die Teilnehmenden nach ihrer individuellen Schlafdauer. Anschließend mussten sie sich einem Onlinetest unterziehen. Dabei überprüften sie unter anderem logisches Denken, die Erinnerungskraft und die verbalen Fähigkeiten.
Für logisches Denken erzielten die Teilnehmenden nach einer Schlafdauer von 7h 10min die besten Ergebnisse, bei der Sprachfähigkeit nach 7h 26min und beim Kurzzeitgedächtnis nach 8h 7min. Wer zu wenig oder zu viel schlief, fiel bei den Tests ab.

Professor Anders Ericsson, dessen Forschungsergebnisse ich bereits in den beiden Artikeln „Neue Studien zeigen: Mit diesen 5 Zeitmanagement-Methoden lässt Du die Konkurrenz hinter Dir“ und „Studie mit Top-Performern zeigt: Wir können nur 4.5 Stunden pro Tag produktiv sein“ erwähnte, fand heraus: Die besten Violinistinnen und Violinisten schliefen rund 8 Stunden täglich, einschließlich eines 20- bis 30-minütigen Mittagsschlafs. Und die Top-Performer gaben an, dass ausreichend Schlaf – neben dem Üben – der zweitwichtigste Faktor für die Verbesserung des Geigenspiels sei.
Die Stanford-Forscherin Cheri D. Mah fand heraus, dass Basketballspieler, die sie dazu brachte, 10 Stunden pro Nacht zu schlafen, ihre Leistungen im Training dramatisch verbesserten: Die Zahl der erzielten Punkte nahm um durchschnittlich 9 Prozent zu.
Genügend Schlaf ist eine der einfachsten, günstigsten und besten Möglichkeiten, leistungsfähig zu sein. Das muss endlich in unsere Köpfe.
Die Schlafhygiene (Qualität des Schlafs)
Für die Qualität des Schlafs (die sogenannte Schlafhygiene) spielen verschiedene Faktoren, welche gesunden Schlaf ermöglichen oder Einflüsse unterdrücken, die den Schlaf stören, eine große Rolle.
Es ist zum Beispiel keine gute Idee, abends Kaffee zu trinken. Dieser hält Dich nachts wach. Koffein hat eine Halbwertszeit von rund sechs Stunden. Sprich: In dieser Zeit reduziert sich die Koffeinkonzentration im Blut um die Hälfte. Dies bedeutet wiederum, dass jedes koffeinhaltige Getränk, das Du nach dem Mittag trinkst, Deinen Schlaf negativ beeinflussen kann.
Auch der Genuss von Alkohol vor dem Schlafengehen ist nicht ratsam. Alkohol kann zwar das Einschlafen erleichtern, aber in der zweiten Nachthälfte fordert er seinen Tribut. Der Abbau des Alkohols im Blut ist ein Kraftakt für Deinen Organismus und führt dazu, dass Du immer öfter kurz aufwachst. Dies setzt sich fort, bis Dein Blutalkoholspiegel auf null sinkt, was Deinen Körper daran hindert, einen vollen, tiefen und erholsamen Schlaf zu finden.
Weitere häufige Empfehlungen von Schlafmedizinern sind eine dunkle, ruhige Schlafumgebung, die Nutzung des Schlafzimmers nur zum Schlafen oder zum Sex und das Dimmen des Lichts in der ganzen Wohnung etwa eine halbe Stunde vor dem Zubettgehen. Im Idealfall gehst Du jeden Tag zur selben Zeit ins Bett und stehst am Morgen zur selben Zeit auf; und dies sowohl unter der Woche als auch am Wochenende.
Schlafoptimierung
Beim Versuch, möglichst viel Leistung aus möglichst wenig Schlaf herauszuholen, gibt es gute und weniger gute Möglichkeiten. Darauf gehe ich in den nächsten Abschnitten ein.
Die Voraussetzungen waren noch nie so gut
Wir leben in einem Zeitalter, in dem der Schlaf komfortabler ist denn je und doch immer schwerer zu erreichen. Selbst die schlechteste Matratze in einem Massenlager ist luxuriös im Vergleich zu Schlafgelegenheiten, die vor nicht allzu langer Zeit üblich waren.
In der viktorianischen Zeit schliefen die Arbeiter in den Arbeiterwohnheimen zum Beispiel auf Bänken sitzend, wobei die Arme über ein gespanntes Seil vor ihnen baumelten. Bis zur industriellen Revolution mussten die Familien vor dem Schlafengehen das gemeinsame Schlafzimmer nach Ratten und Milben absuchen, die sich dort eingenistet hatten.
Die Moderne brachte eine drastische Verbesserung der Schlafmöglichkeiten. Eigentlich sollte unser Schlaf heute so tief und erholend sein, wie noch nie zuvor. Aber: Mit der Moderne kamen auch elektrisches Licht, Fernsehen und andere Arten der Unterhaltung, die unseren Schlafrhythmus durcheinander brachten.
Hände weg von Schlafmitteln!
Während Schlafoptimierung, etwa zur Steigerung der Produktivität, in jedem Fall ein erstrebenswertes Ziel ist, ist nicht jeder Weg dorthin zu empfehlen. Dabei ist vor allem der pharmazeutische Ansatz problematisch, er sollte erst bei akuten bis chronischen Schlafstörungen unter ärztlichem Rat in Erwägung gezogen werden.
Sicher spricht nichts dagegen, die natürlich schlaffördernde Wirkung von Baldrian und Co. zu nutzen, allerdings wird es kritisch, wenn gezielt synthetische Substanzen missbraucht werden, um entweder schlafen zu können oder um vor Präsentationen die eigene Leistungsfähigkeit künstlich zu steigern. Wohin es führen kann, wenn jemand von Schlafmitteln abhängig ist, zeigt dieser eindrückliche Artikel von Carsten Maschmeyer auf LinkedIn.
Kalte Duschen können helfen
Jüngste Studien zeigen, dass die Körpertemperatur eine wichtige Rolle für einen erholsamen Schlaf spielt. Einer der biologischen Auslöser für den Beginn des Schlafs ist das Absinken der Körperkerntemperatur um etwa 0.4 Grad. Beim Schlafen erweitern sich die Blutgefäße unter der Haut und geben Wärme ab, wenn die Umgebung kühl genug ist. Das erklärt, warum manche Menschen – darunter auch ich – beim Einschlafen gerne die Füße oder Hände aus der Bettdecke ragen lassen.
Die Tendenz des Körpers, während der Nacht Wärme abzugeben, ist ein Grund, warum manche Matratzen als unangenehm empfunden werden. Der Stoff und die Materialien, aus denen manche – oft günstige – Matratzen bestehen, speichern die Wärme, die der Körper abgibt.
Wenn Du Deinen Schlaf verbessern möchtest, solltest Du den Körper bei diesem Abkühlungsprozess unterstützen. Eine Studie von Forschern in Lille, einer Stadt im Nordosten Frankreichs, ergab, dass die Probanden schneller einschliefen und insgesamt eine bessere Schlafqualität aufwiesen, wenn sie sich vor dem Schlafengehen kühlten, z. B. mit einer kalten Dusche. Die Forscher fanden außerdem heraus: Die ideale Raumtemperatur für eine gute Schlafqualität liegt in einem schmalen Bereich zwischen 16 und 19 Grad Celsius.
Mache ein Nickerchen
Fühlst Du Dich nachmittags manchmal müde? Das liegt daran, dass Dein Gehirn eigentlich ein Nickerchen bräuchte. In Deinem Kopf tobt ein Kampf zwischen zwei Parteien. Beide Parteien bestehen aus einer Vielzahl von Gehirnzellen und biochemischen Stoffen. Die erste Partei versucht verzweifelt, Dich wachzuhalten, die zweite will Dich unbedingt zum Schlafen zwingen. Am Nachmittag – 12 Stunden nach der Mitte Deines Schlafes – wird die zweite Partei sehr stark.
Der Nutzen eines Nickerchens ist wissenschaftlich erwiesen. Genauso wie auch das Schlafen, helfen Nickerchen, das Kurzzeitgedächtnis zu leeren und Platz für neue Informationen zu schaffen.
Wenn Fluglotsen der Nachtschicht 40 Minuten Zeit für ein Nickerchen bekamen – und durchschnittlich 19 Minuten schliefen –, schnitten sie bei Tests, die Wachsamkeit und Reaktionszeit maßen, deutlich besser ab.
Italienische Polizisten, die unmittelbar vor ihrer Nachmittags- oder Abendschicht ein Nickerchen machten, hatten 48 Prozent weniger Verkehrsunfälle als diejenigen, die kein Nickerchen machten.
Eine NASA-Studie zeigte, dass Piloten, die ein bis zu vierzigminütiges Nickerchen hielten, ihre Reaktionszeit um 34 Prozent und ihre Wachsamkeit um das Doppelte verbesserten.
Lange Nickerchen haben eine noch tiefgreifendere Wirkung als kurze. Sara C. Mednick, Schlafforscherin an der University of California, fand heraus, dass ein 60- bis 90-minütiges Nickerchen die Ergebnisse von Gedächtnistests ebenso stark verbesserte wie acht Stunden Schlaf. Menschen, die morgens lernen, schneiden bei einem abendlichen Test etwa 30 % besser ab, wenn sie ein einstündiges Nickerchen gemacht haben, als wenn sie es nicht getan haben.
Auch andere Studien zeigten, dass Nickerchen den Lernprozess fördern und uns helfen, Informationen besser aufzunehmen und zu behalten. In einer Studie lernten die Teilnehmenden Karten auswendig. Nachdem sie einen Satz Karten gelernt hatten, machten sie eine 40-minütige Pause, in der eine Gruppe ein Nickerchen machte, während die andere wach blieb. Nach der Pause testeten die Forscher beide Gruppen auf ihr Kartengedächtnis. Die Gruppe, die geschlafen hatte, schnitt dabei deutlich besser ab und behielt im Durchschnitt 85 Prozent der Karten, während es bei den Wachen nur 60 Prozent waren.

Nickerchen machen uns aber auch produktiver und kreativer. Vielleicht haben deshalb Größen wie der Maler Salvador Dalí, Schachgroßmeister Josh Waitzkin und der Schriftsteller Edgar Allan Poe Nickerchen gemacht, um Hypnagogie zu erlangen, einen Bewusstseinszustand zwischen Schlaf und Wachsein, der ihnen half, eine tiefere Ebene der Kreativität zu erreichen.
Das Märchen der schlaflosen Elite
Für viele Manager ist Schlaf angeblich Zeitverschwendung. Sie behaupten von sich, mit sehr wenig Schlaf auszukommen und zu den zwei Prozent der Menschen zu gehören, die dank einer Mutation des Gens BHLHE41 mit fünf bis sechs Stunden Schlaf auskommen. Tatsächlich kann dies bei einigen wenigen Menschen stimmen; bei den meisten aber ist dies ein Irrtum. Wer jahrelang zu wenig schläft, gewöhnt sich daran. Das geringere Leistungsniveau, die geringere Wachheit, das geringere Energielevel: Es fällt ihnen nicht mehr auf, dass sie nicht voll da sind.
Der Unternehmer Jean-Claude Biver zum Beispiel sagte in Interviews, er stehe täglich um 3 Uhr auf und beginne um 4 Uhr mit der Arbeit, so habe er jeden Tag zwei Stunden Vorsprung auf die Konkurrenz. Nach Bivers Aussage meinte der Arbeitspsychologe Theo Wehner in einem Artikel mal:
Die Schlafforschung gibt da eindeutige Antworten. Wer eine Woche lang jede Nacht markant zu wenig schläft oder einmalig 24 Stunden am Stück wach bleibt, ist danach in gleichem Masse handicapiert wie ein Ausgeschlafener mit 1,0 Promille Alkohol im Blut. Würden Sie einen Liter Bier auf nüchternen Magen trinken, bevor Sie wichtige Entscheidungen zu fällen haben? Das ist für die meisten eine absurde Vorstellung. Zu wenig zu schlafen dagegen wird oft als Zeichen von Stärke, Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit empfunden, kurz: heroisiert. Das ist ein fataler Irrtum.
Theo Wehner
Wenn jemand sagt, er könne unmöglich länger als fünf Stunden schlafen, da er so viel zu tun habe, dann ist das schlichtweg eine unlogische Aussage. Der Grund, weshalb diese Person mit der Arbeit nicht nachkommt, könnte eben genau darin liegen, dass sie nur fünf Stunden schläft. Die kognitiven Funktionen sind bei Schlafmangel eingeschränkt. Mit mehr Schlaf könnte diese Person in weniger Arbeitsstunden deutlich mehr Aufgaben erledigen.
Die Folgen von Schlafmangel sind laut Theo Wehner gravierend. Deutlich am Leibe zu spüren bekam das die Schweizer Politikerin Natalie Rickli. Mitte September 2012 diagnostizierten die Ärzte bei der damals 35-jährigen Burn-out und stellten fest, dass der Erschöpfung schwere Schlafstörungen vorausgingen. Rickli hielt ihre kurzen Nächte zuerst für eine Stärke und glaubte, mit nur fünf Stunden Schlaf auszukommen. Doch der spätere Zusammenbruch blieb nicht aus.
Vorbildlich verhalten sich da andere Manager. Jeff Bezos zum Beispiel predigt regelmäßig die Bedeutung von Schlaf und sagt, seine Entscheidungsfindung werde beeinträchtigt, wenn er zu wenig schläft. Auch von Bill Gates und Warren Buffet hört man, dass ihre Schlafdauer nahe an den optimalen acht Stunden liegt.
Fazit
Der Schlaf hat ein schlechtes Image. Wer viel schläft, gilt als Verlierer. Dabei ist es doch genau umgekehrt: Echte Sieger achten auf genügend Schlaf! Der einzige Mensch, der achtmal Wimbledon gewonnen hat, schläft elf bis zwölf Stunden am Tag.
Ich hoffe, ich konnte Dir in diesem Artikel ein paar Inputs geben, die Dir helfen, dank genügend und richtigem Schlaf im Alltag produktiver zu sein. Hier nochmals die wichtigsten Punkte:
- Genügend Schlaf ist eine der einfachsten, günstigsten und besten Möglichkeiten, leistungsfähig zu sein
- Du benötigst 7 bis 9 Stunden Schlaf
- Zu wenig Schlaf kannst Du weder vor- noch nachholen
- Ein Nickerchen nach dem Mittag erhöht Deine Leistungsfähigkeit
- Kaffee am Abend hält Dich nachts wach
- Alkohol verschlechtert Deine Schlafqualität
- Achte auf eine dunkle, ruhige Schlafumgebung
- Im Bett sind nur zwei Dinge erlaubt: Schlafen und Sex
- Dimme abends das Licht in der Wohnung
- Gehe nach Möglichkeit immer zur gleichen Zeit ins Bett und stehe täglich zur gleichen Zeit wieder auf
- Hände weg von Schlafmitteln!
- Kalte Duschen können Deinen Schlaf verbessern
Zwar ist das meiste recht bekannt, aber dies ist eine sehr gut geschriebene Zusammenfassung. Ich habe sie gern gelesen.
Es wäre gut, genauer zu prüfen, wie man Menschen helfen kann, die sich einreden es wäre eben für sie nötig. Welches Gedankenmuster steckt dahinter? Ist es vielleicht ein weglaufen vor dem Innehalten und der Anstrengung, die es kostet, Gewohnheiten zu ändern, Leistungsattitüden zu prüfen, Dinge im Leben loszulassen?
Wissen nützt weniger als man denkt!
Herzlicher Gruss
Andreas Braun