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Die Walt-Disney-Methode und die geheime Geschichte hinter Frozen – Die Eiskönigin

    Walt-Disney-Methode

    „Das Unmögliche zu schaffen, gelingt einem nur, wenn man es für möglich befindet.“

    Dieses Zitat stammt aus dem Disney-Klassiker Alice im Wunderland und beschreibt hervorragend, worum es bei der Kreativität geht: Du musst offen sein für verrückte Lösungen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Doch wie gehst Du dabei idealerweise vor? In diesem Artikel lernst Du die Walt-Disney-Methode kennen, eine der besten Kreativitätstechniken, die Du finden kannst. Und Du erhältst einen Blick hinter die Kulissen von Frozen – Die Eiskönigin.

    (Übrigens: Viele weitere tolle Zitate aus Alice im Wunderland findest Du in meinem Artikel Alice im Wunderland: 20 inspirierende Zitate für mehr Produktivität und ein besseres Zeitmanagement.)

    Auf das darfst Du Dich in diesem Artikel freuen

    Wie Disney’s Frozen – Die Eiskönigin zum Kassenschlager wurde

    Bevor wir zu den Details der Walt-Disney-Methode kommen, erhältst Du einen kleinen Einblick hinter die Kulissen von Frozen – Die Eiskönigin. (Quelle: Smarter, schneller, besser: Warum manche Menschen so viel erledigt bekommen – und andere nicht)

    Der Disney-Film Die Eiskönigin – Völlig unverfroren war mit einem Einspielergebnis von 1.276 Milliarden US-Dollar der bis dahin erfolgreichste Animationsfilm aller Zeiten und gewann nebst zwei Oscars zahlreiche internationale Auszeichnungen.

    (Videolänge: 2min 21s)

    Wenn Du Dir den Film anschaust, denkst Du vielleicht, es sei von Anfang an klar gewesen, dass dieses Meisterwerk ein Erfolg musste. Doch dem war nicht so. 18 Monate vor der Veröffentlichung hatte der Film zahlreiche Probleme:

    • Als der Film einem Testpublikum vorgeführt wurde, kamen die Charaktere unsympathisch rüber und das Publikum fieberte nicht mit ihrer Geschichte mit.
    • Das Testpublikum bemängelte erhebliche Lücken in der Handlung und betrachtete die Wendungen als vorhersehbar.
    • Die einzelnen Geschichten der Figuren fügten sich nicht zu einer zentralen Erzählung zusammen.

    Fazit: Das Testpublikum konnte nur schwer eine emotionale Verbindung zum Film aufbauen.

    Das Disney-Kreativteam wusste, dass es sich etwas einfallen lassen musste – und zwar schnell.

    Erster Lösungsschritt: Emotionen und Erlebnisse des Disney-Teams zur Gewinnung von Ideen nutzen

    Das Disney-Kreativteam griff auf seine eigenen Erlebnisse und Emotionen zurück, um Charaktere und Charakterdynamiken zu schaffen, die authentischer wirkten. So nutzten sie unter anderem ihre Erfahrungen mit Geschwisterbeziehungen, um die schwesterliche Dynamik zwischen Anna und Elsa echter wirken zu lassen:

    Zunächst hatten die Drehbuchautoren eine Gegensätzlichkeit im Sinne von „Anna ist gut, Elsa ist böse“ gewählt, um eine Spannung zwischen den Schwestern zu erzeugen. Doch schließlich wurde ihnen klar, dass sich das nicht realistisch anfühlte. Niemand ist ausschließlich gut oder böse; Menschen sind komplex und wir bringen diese Komplexität in unsere Beziehungen ein. Die Autoren mussten dies in der Beziehung zwischen Anna und Elsa widerspiegeln, wenn sie wollten, dass sich das Publikum mit den Figuren identifizieren kann.

    Inspiriert wurde das Autorenteam dann durch die Erfahrungen der Drehbuchautorin Jennifer Lee mit ihrer Schwester. Als sie älter wurden, hatten sie sich voneinander distanziert, was zu Konflikten zwischen ihnen führte. Sie kamen sich jedoch wieder näher, als Lees Schwester in einer Zeit der großen Not für sie da war. In vielerlei Hinsicht spiegelt die Beziehung von Anna und Elsa im Film diese Situation aus dem wahren Leben wider. Das Ergebnis ist eine nachvollziehbare Dynamik, die deutlich authentischer wirkt.

    Ein weiteres Beispiel für diese Vorgehensweise ist, dass die Musikproduzentin Kristen Anderson-Lopez ihre eigenen Erfahrungen und Emotionen einfließen ließ, als sie den Titelsong „Let It Go“ schrieb:

    Lopez konzipierte Elsa als eine Figur, die dafür verurteilt wird, einen Fluch zu haben und es nicht zu schaffen, diesen Fluch perfekt zu kontrollieren. Damit sich Elsas Reaktion auf diese Verurteilung authentisch anfühlt, überlegte Lopez, wann sie sich selbst schon einmal verurteilt gefühlt hat oder an überhohen Standards gemessen wurde, und wie sie in solchen Situationen reagierte. Lopez erkannte, dass sie sich in solchen Situationen von den Erwartungen und Meinungen anderer Menschen lösen will. Sie war der Meinung, dies sollte auch Elsas Reaktion sein. So entstand das Konzept des Titelsongs „Let It Go“.

    (Videolänge: 3min 46s)

    Zweiter Lösungsschritt: Offenheit für neue Ideen wecken

    Schließlich gelang es dem Kreativteam, die ersten zwei Drittel der Handlung des Films zu entwerfen. Doch dann steckten sie fest. Sie hatten keine Idee, wie der Film enden sollte.

    Ein wichtiger Faktor, der zu dieser kreativen Blockade beitrug, war der Umstand, dass sie an ihren bisherigen Ideen hingen und nicht bereit waren, diese beiseitezulegen, um zu prüfen, ob es einen Weg gibt, der das Ende des Films klarer macht. Sie wollten die bisherige Arbeit nicht wegwerfen.

    Die Führungskräfte von Disney erkannten, dass das Kreativteam umgekrempelt werden musste, um aus dieser verfahrenen Situation herauszukommen. Also beschlossen sie, Jennifer Lee, die als Drehbuchautorin für den Film arbeitete, zur Regisseurin zu befördern.

    Diese Veränderung erzielte den gewünschten Effekt. Lee erfuhr einen Perspektivwechsel, der neue Kreativität freisetzte. Als Autorin hatte sie die meiste Zeit damit verbracht, Ideen zu formulieren. Jetzt, als Regisseurin, verbrachte sie mehr Zeit damit, sich die Ideen der anderen anzuhören.

    Jedes Teammitglied schlug ein Ende vor, das sich auf eine andere Kernidee oder ein anderes Thema des Films konzentrierte. Doch nach wie vor fühlte sich keines dieser Enden richtig an.

    Lee begann, über den Kerngedanken nachzudenken, den sie mit dem Ende vermitteln wollte. Sie beschloss, die Natur von Liebe und Angst hervorzuheben, insbesondere den Punkt, dass Liebe eine viel stärkere Kraft ist als Angst. Dank dieses Durchbruchs waren Lee und ihr Team in der Lage, ein Ende zu finden, das es in die endgültige Fassung des Films schaffte.

    Und der Rest ist Geschichte: Die Eiskönigin wurde zu einem der erfolgreichsten Filme aller Zeiten.

    Definition der Walt-Disney-Methode

    Schon Jahrzehnte, bevor die Eiskönigin das Licht der Welt erblickte, wendete der US-amerikanische Filmproduzent Walt Disney bei seinen Projekten eine Kreativitätsmethode an, bei welcher er alles aus drei Blickwinkeln betrachtete:

    • Aus dem Blickwinkel des Träumers
    • Aus dem Blickwinkel des Realisten
    • Aus dem Blickwinkel des Kritikers

    Der Sachbuchautor und Berater Robert B. Dilts bezeichnete diese Methode später als „Walt-Disney-Methode“ und empfiehlt sie, um Ziele und Visionen zu konkretisieren.

    Das Geniale an dieser Methode: Du kannst sie sowohl allein als auch in einer Gruppe anwenden.

    Wie Kreativitätsprozesse oft verlaufen

    Seien wir doch mal ehrlich, oft verlaufen Gespräche rund um neue Ideen in etwa so:

    Ich: Für die Bilder auf unserer Webseite benötigen wir die höchstmögliche Auflösung.

    Hans: Das verlangsamt die Ladegeschwindigkeit der Webseite. Deshalb lassen wir das schön bleiben.

    Ich: Mmh … nun gut. Wir sollten aber unbedingt die Möglichkeit in den Shop einbauen, dass die Kundinnen und Kunden ihre Möbel individuell zusammenstellen können!

    Hans: Das lässt sich nur mit viel Aufwand programmieren. Und wer garantiert uns, dass die Kunden diese Funktion tatsächlich nutzen werden? Den Aufwand können wir uns sparen.

    Ich: Damit würden wir uns aber von den Konkurrenten unterscheiden.

    Hans: Wir sind doch sowieso schon besser als alle anderen. Weshalb sollten wir uns zusätzliche Arbeit aufhalsen?

    Oft werden Ideen im Keim erstickt, noch bevor Du sie überhaupt vollständig ausformuliert hast. Doch wenn die Kreativität in einem Unternehmen stirbt, dann stirbt früher oder später auch das Unternehmen. Deshalb ist es wichtig, dass Du in Deinem Unternehmen ständig neue Innovationen entwickelst. Und eine Möglichkeit, um dies zu tun, ist die Walt-Disney-Methode.

    Die drei Perspektiven der Walt-Disney-Methode

    Bei der Walt-Disney-Methode versetzt Du Dich (allein oder in der Gruppe) nacheinander in eine der drei unten aufgeführten Rollen. Wenn Du bei der letzten Rolle angekommen bist, beginnst Du mit den gewonnenen Erkenntnissen wieder von vorne. Das machst Du so lange, bis Du die Lösung als zufriedenstellend erachtest.

    Der Träumer / Die Träumerin

    Als Träumer generierst Du Ideen und spielst mit ihnen. Du machst Dir dabei keine Gedanken über die Umsetzbarkeit dieser Ideen. Alles ist erlaubt! Spinne wild herum und entwickle verrückte Ideen! Es spielt überhaupt keine Rolle, ob die Ideen logisch, realistisch oder machbar sind. Oft sind es die ungewöhnlichsten und verrücktesten Ideen, die später zu etwas Großem werden.

    Fragen, die Du Dir in dieser Phase stellen kannst:

    • Was wäre der perfekte Endzustand, wenn Zeit, Geld und Ressourcen keine Rolle spielen?
    • Was würde ich nie zu träumen wagen?
    • Was wäre so richtig crazy und abgedreht?

    Der Realist / Die Realistin

    Als Realistin nimmst Du die Ideen der Träumerin und versuchst, diese mit den vorhandenen Möglichkeiten, Hilfsmitteln und Ressourcen umzusetzen. Stell Dir vor, die Ideen wären bereits beschlossene Sache und Deine Aufgabe sei es nun, sie so gut wie nur möglich zu realisieren.

    In dieser Rolle bist Du weder besonders euphorisch, noch übst Du Kritik an den Ideen. Du tust es der Schweiz gleich und bleibst neutral.

    Fragen, die Du Dir in dieser Phase stellen kannst:

    • Was benötige ich an Hilfsmitteln, Informationen und Ressourcen, um diese Ideen komplett umzusetzen?
    • Welche Informationen fehlen mir noch für die Umsetzung?
    • Welches Teammitglied hat das benötigte Fachwissen?

    Der Kritiker / Die Kritikerin

    Als Kritiker prüfst Du die Ideen, die in den vorherigen Schritten entstanden sind, auf Herz und Nieren. Du achtest auf die Stärken und Schwächen der Ideen sowie auf Dinge, die nicht genügend bedacht wurden oder noch verbessert werden können.

    Die offenen Fragen und Schwachpunkte gibst Du an die Träumerin weiter, womit der Prozess wieder von vorne beginnt.

    Fragen, die Du Dir in dieser Phase stellen kannst:

    • Ist die Idee grundsätzlich umsetzbar?
    • Was wurde übersehen?
    • Welche Widersprüche gibt es?
    • Wo liegen die Schwächen bei den Ideen oder bei der Umsetzung?
    • Gibt es Dinge, die nicht wie geplant funktionieren können?
    • Welche Risiken gibt es, wenn wir die Ideen wie von der Realistin geplant umsetzen werden?

    Die Räume der Walt-Disney-Methode

    Ich rate Dir, für jeden der drei Rollen (Träumer, Realist und Kritiker) einen separaten Raum zu wählen. Falls das nicht möglich ist, versuche, die Ecken eines Raumes möglichst unterschiedlich zu gestalten.

    Damit nimmst Du zum einen den Übergang von einer Rolle zur anderen physisch wahr, da Du Dich bewegst und zum anderen soll Dich die Gestaltung der Räume auf die entsprechende Rolle einstimmen.

    • Der Raum der Träumerin: Gestalte diesen Raum möglichst bunt und verspielt; vielleicht mit Blumen, bunten Möbeln und Wänden oder Ballons.
    • Der Raum der Realistin: Achte hier auf Ordnung und möglichst wenig Ablenkung.
    • Der Raum der Kritikerin: Gestalte diesen Raum mit Objekten, die auf Gefahr hinweisen.

    Wichtig ist, dass Du beim Wechsel zwischen den Räumen immer eine kurze Pause machst, um die bisherige Rolle abzuschütteln und in die neue Rolle hineinzukommen. Vielleicht gehst Du hierzu fünf Minuten an die frische Luft, trinkst einen Kaffee oder meditierst ein paar Minuten.

    Anwendung der Walt-Disney-Methode

    Den Kreislauf Träumer – Realist – Kritiker kannst Du so oft wiederholen, bis Du mit dem Ergebnis zufrieden bist respektive bis das Ergebnis den gesteckten Anforderungen und Zielen entspricht.

    Idealerweise machst Du so lange weiter, bis der Realist die Ideen komplett umsetzen kann und der Kritiker nichts mehr einzuwenden hat.

    Ganz wichtig ist: Bleibe immer ausschließlich in der Rolle, in deren Raum Du Dich gerade befindest! Kritisiere Ideen zum Beispiel nicht schon in der Träumer-Phase. Und erfinde keine neuen, verrückten Ideen, wenn Du Dich in der Kritiker-Phase befindest. Nur so funktioniert die Walt-Disney-Methode optimal.

    Anwendung der Walt-Disney-Methode als Einzelperson

    Du kannst die Walt-Disney-Methode allein anwenden, indem Du Dich nacheinander in die drei Räume begibst und nach der oben beschriebenen Methode vorgehst.

    Achte dabei stets darauf, die Rollen nicht zu vermischen und die Reihenfolge beizubehalten.

    Anwendung der Walt-Disney-Methode in der Gruppe

    Die Walt-Disney-Methode eignet sich hervorragend für die Anwendung in einer Gruppe. Dabei gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen.

    Wenn ihr eine kleine Gruppe seid, empfehle ich euch, dass alle Teammitglieder zuerst Träumer sind, dann Realisten und anschließend Kritiker, bevor ihr wieder von vorne beginnt.

    Wenn ihr jedoch eine große Gruppe seid, kann es sinnvoll sein, dass ihr euch in drei Gruppen aufteilt und eine dieser Gruppen zuerst die Rolle der Träumer übernimmt, eine zweite Gruppe die Rolle der Realisten und die dritte Gruppe die Rolle der Kritiker.

    Sobald eure Idee alle drei Stufen durchlaufen hat und ihr wieder von vorne beginnt, wechseln die drei Gruppen den Raum: Die Gruppe, die vorhin Träumer waren, übernehmen jetzt die Rolle der Realisten. Die Realisten werden zu Kritikern und die Kritiker werden zu Träumern. So rotiert ihr, bis ihr eure endgültige Lösung auf dem Tisch habt.

    Die sechs Denkhüte von Edward de Bono

    Die Walt-Disney-Methode hat einige Gemeinsamkeiten mit der Technik der sechs Denkhüte von Edward de Bono.

    Die Farben der sechs Denkhüte von Edward de Bono stehen für:

    • Blau: Ordnung und Überblick über die Prozesse
    • Weiß: Analytisches, auf Fakten beruhendes Denken. Fokus darauf, wie die Ziele zu erreichen sind.
    • Rot: Emotionales Denken mit Fokus auf Gefühle und Meinungen
    • Schwarz: Kritisches Denken, Fokus auf Risiken, Probleme und Widersprüche
    • Gelb: Optimistisches Denken mit Fokus auf Chancen und das Best-Case-Szenario
    • Grün: Kreatives, verknüpfendes Denken mit Fokus auf neue Ideen

    Der Träumer aus der Walt-Disney-Methode entspricht dem gelben und grünen Hut von Edward de Bono, während der Realist dem blauen und weißen Hut und der Kritiker dem schwarzen Hut entspricht.

    Falls Dich die Theorie von Edward de Bono interessiert, findest Du hier weitere Informationen.

    Schlusswort

    Du wirst schnell merken: Die Walt-Disney-Methode ist einfach anwendbar und Du kannst sie für alle möglichen Fragen verwenden. Vielleicht läuft es bei den ersten paar Versuchen noch ein wenig holprig; danach aber wirst Du auf die Walt-Disney-Methode kaum mehr verzichten wollen.


    Dieser Artikel von Andreas Hobi ist lizenziert unter CC BY-SA 4.0

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