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Die kaum bekannte Gefahr beim Nachrichtenkonsum: Was Professoren und Wirtschaftsgrößen Dir jetzt raten

    Titelbild von Mahbod Akhzami auf Unsplash

    Nachrichten sind gefährlich und eine der größten Zeitverschwendungen in Deinem Leben.

    Eine provokative These – mit Sicherheit! Mit diesem Artikel will ich Dir aufzeigen, wie ich zu diesem Schluss kam. Du wirst sehen, dass ich mich tief und eingehend mit der Thematik befasst habe. Obwohl mir bereits mein Bauchgefühl sagte, dass mich Nachrichten nicht weiterbringen, erschrak ich dann doch, als ich die unten aufgeführten Studien und Aussagen von Experten las.

    Mein Ziel auf dieser Webseite ist es, Deine Produktivität zu erhöhen und Dir aufzuzeigen, auf welche Zeitfresser Du getrost verzichten kannst. Nach dem Lesen dieses Artikels wirst Du die Medien mit anderen Augen sehen.

    Inhaltsverzeichnis

    Dieser Artikel ist wenig länger als andere Artikel. Damit Du den besseren Überblick hast, hier der Aufbau:

    Zu Beginn ein wenig Theorie: Was sind Junk News?

    Der Begriff Junk-Food News oder schlicht Junk News findet seine erste Erwähnung bereits 1983. Das ist lange vor dem Newsfeed von Facebook, Reddit und Instagram. Carl Jensen wollte mit dem Begriff darauf hinweisen, dass Medien oft Nachrichten bringen, die alles andere als weltbewegend sind. Dazu zählt er unter anderem:

    • Promi-Klatsch
    • Bettgeschichten und Enthüllungsstorys
    • Showgeschäft-Nachrichten (Filmpremieren etc.)
    • Jahrestag-Nachrichten (historische Ereignisse, die „ein Jubiläum feiern“ oder Berühmtheiten, deren Todestag sich zum hundertsten Mal jährt)

    Ein paar reale Beispiele aus der deutschen Presselandschaft:

    Wer jetzt denkt, diese Links führten nur zu Klatschportalen, der liegt falsch: Auch der Spiegel und andere vermeintlich seriöse Medien schreiben täglich solche Artikel.

    Nun denkst Du Dir vielleicht: „Was soll daran falsch sein? Die Geschichten sind doch sehr unterhaltsam!“ Ich bezweifle, dass Du immer noch so denkst, wenn Du diesen Artikel zu Ende gelesen hast.

    Wieso um alles in der Welt sollten Nachrichten gefährlich sein?

    Nachrichten sind gefährlicher als Du jetzt vielleicht denkst. Es gibt einige Studien und Untersuchungen, die belegen, welche reelle Gefahr von Nachrichtenstorys ausgeht.

    Bad Hair Day war gestern; jetzt kommt der Bad News Day

    Nur schon drei Minuten lang negative Nachrichten am Morgen zu schauen erhöht in 27 % der Fälle die Wahrscheinlichkeit, dass Dein Tag sechs bis acht Stunden später schlechter ist, als er es ohne Nachrichten gewesen wäre. Das fand Michelle Gielan von der University of Pennsylvania in einer Studie heraus.

    Beeindruckend finde ich beim Ergebnis dieser Studie: Der Effekt hält verdammt lange an! Es wird sicher niemanden erstaunen, dass negative News einen negativen Effekt haben. Diese Schlussfolgerung ist nicht so abwegig. Verrückt ist, dass dieser Effekt nahezu den gesamten Arbeitstag lang anhält!

    Wie viel mehr Zeit, Energie und Gehirnschmalz hättest Du, wenn Du Deinen Nachrichtenkonsum drastisch reduzierst? Wie besser ausgeruht und präsent fühltest Du Dich an Deinem Arbeitsplatz, wenn Du Dich nicht mehr jeden Morgen über diesen Skandal, jene Breaking News und irgendeine potenzielle Krise aufregst und empörst? (Insbesondere in Anbetracht dessen, dass die meisten potenziellen Krisen schlussendlich doch nicht so schlimm kommen, wie befürchtet.)

    Der Stoff, aus dem Alpträume gemacht sind

    Nachrichten sind jedoch nicht nur am Morgen gefährlich. Auch vor dem Schlafengehen solltest Du keine Nachrichten konsumieren. Dies ist ein Tipp, den Dennis Fischer in seinem Buch „52 Wege zum Erfolg: Die besten Ideen aus 500 Business-Ratgebern“ beschreibt.

    In den allermeisten Nachrichten geht es entweder um Skandale, Tote, Kriege oder andere schockierende Themen oder es geht um Klatsch und Tratsch. Wir bekommen Meldungen über ein paar Dutzend Mörder und Pädophile, die heute ihr Unwesen trieben, aber kein Wort über die Millionen von Menschen, die zur Arbeit gingen, zu Abend aßen und ins Bett gingen, ohne ihren Ehepartner zu erschlagen oder sich an kleinen Kindern zu vergreifen.

    In der Welt der Medien lauert die Gefahr an jeder Ecke. Jeder Prominente ist ein Heuchler mit einem Skandal, der nur darauf wartet, aufgedeckt zu werden. Und jeder von uns hat eine 87.5-prozentige Chance, vor dem 70. Lebensjahr an Krebs zu erkranken. Man könnte meinen, die Welt sei ein schrecklicher Ort und es werde von Tag zu Tag schlimmer. Doch die Realität ist das komplette Gegenteil! Wir leben in einer hochspannenden Zeit und unsere Gesellschaft verbessert sich in einem schnelleren Tempo als je zuvor.

    Die Sichtweise der Medien auf die Welt ist sehr eng. Sie beleuchtet immer nur einen kleinen Ausschnitt und verzerrt den Rest des Bildes. Die Medien berichten nicht nur einfach über die Realität, sondern formen sie mit. Denn was wir in den Nachrichten lesen, färbt unsere Wahrnehmung des Lebens – unsere Vorstellungen über den Zustand unseres Landes und unserer Mitmenschen. Das Ergebnis ist eine Perspektive, die zutiefst pessimistisch und zynisch ist. Obwohl Du selbst siehst, dass die meisten Dinge in Deiner Familie und in Deinem Umfeld gut laufen, scheint die Welt als Ganzes am Abgrund zu stehen.

    Wenn Du diesen Schrott direkt vor dem Einschlafen zu Dir nimmst, wirkt sich das negativ auf Deinen Schlaf aus. Alles, was Du kurz vor dem Einschlafen Deinem Gehirn zuführst, nimmt das Unterbewusstsein auf und verarbeitet es in der Nacht. Du solltest besser mit möglichst positiven Gedanken ins Bett gehen und nicht mit Attentaten und politischen Streitigkeiten.

    Was haben Nachrichten und Frühstücksflocken gemeinsam?

    JP Rangaswami ist ein kluger, belesener Mann. In seiner persönlichen Bibliothek stehen rund 38’000 Bücher. Du kannst also davon ausgehen, dass das, was er zu sagen hat, Gewicht hat und fundiert ist. In einem TED-Talk verglich er die Medienindustrie mit McDonalds. Mainstream-News sind für ihn das Fast Food der Informationsbeschaffung. Bei unserer Ernährung achten wir darauf, nicht zu viel und nicht das falsche zu konsumieren. Das sollten wir auch bei Informationen tun.

    Onlinenews kannst Du auch mit einem anderen ungesunden Nahrungsmittel vergleichen: Frühstücksflocken. Auch wenn Frühstücksflocken heute als ungesund und zuckerhaltig angesehen werden, galten sie einst als gesundes Lebensmittel. Wir hörten von den angeblichen gesundheitlichen Vorteilen von Cornflakes und erhöhten unseren Konsum. Von Anfang an investierten die Hersteller viel in die Werbung, weil die meisten Menschen jeden Tag das gleiche Frühstück essen und ihrem Produkt in der Regel treu bleiben.

    So wie die Verbraucher den Frühstücksflocken gegenüber loyal sind, sind die Leser ihren Nachrichtenquellen gegenüber loyal. Und wie bei den Frühstücksflocken nehmen die Leser ihre Nachrichten unter anderem in der Hektik vor der Arbeit zu sich. Auch wenn sie nicht die gesündesten Optionen sind, sind sie günstig und rasch zu konsumieren.

    Werbetreibende bewerben die Vorteile von Frühstücksflocken mit Slogans wie „Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages“. Ähnlich positionieren sich Medienunternehmen als unersetzliche tägliche Gewohnheit und werben mit Slogans wie „Demokratie stirbt in der Dunkelheit“.

    Die Folge davon: Genau so, wie Frühstücksflocken zu Zucker für den Körper wurden, so wurden Nachrichten zu Zucker für den Geist: Sie verkleistern die Gehirnwindungen und behindern das kritische Denken.

    Nachrichten können eine Posttraumatische Belastungsstörung auslösen

    Das Betrachten von schlimmen Nachrichten in sozialen Medien kann zu Symptomen führen, die einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) ähneln. Dies fand eine Studie unter der Leitung von Dr. Pam Ramsden heraus.

    Das Betrachten dieser Ereignisse und das Mitfühlen der Ängste derjenigen, die diese Ereignisse direkt erlebt haben, kann sich laut Ramsden auf unser tägliches Leben auswirken. Ein Viertel der Studienteilnehmenden hatte Symptome einer PTBS, obwohl sie im wirklichen Leben keinem Trauma ausgesetzt waren.

    Achtsamkeit beim Nachrichtenkonsum 🧘🏻‍♂️

    Achte mal darauf, wie Du Dich nach dem Konsum von Nachrichten fühlst. Machen die Nachrichten Dich ängstlicher? Machen sie Dich euphorischer? Fühlst Du Dich anschließend besser oder schlechter? Achtsamkeit ist hier essenziell. Konsumiere bewusst und gezielt!

    Stelle Dir Deinen Kopf wie ein leeres Glas vor: Es hat Platz für alles, was Du hineingießt. Wenn Du Sensationsnachrichten, halbseidene Schlagzeilen, Talkshows oder Leserkommentare hineingießt, ist das, als ob Du schmutziges Wasser in ein Glas gießt – es und es auch noch trinkst!

    Was läuft falsch in der Medienwelt?

    Wenn Du Geld, Zeit oder Energie in etwas investierst, darfst Du zu Recht eine Rendite erwarten. Ansonsten ergiebt es keinen Sinn, zu investieren.

    Bei Aktien ist es zum Beispiel so. Du investierst Deine Ersparnisse mit der Absicht, dass sich die Investition auszahlt und Du in einigen Jahren davon profitierst.

    Bei Nachrichten investierst Du Zeit und Energie. Auch hier müsste das Ziel sein, dass sich die Investition auszahlt. Zum Beispiel, indem Du mit den gewonnenen Informationen Dein Leben verbessern kannst oder einen besseren Job machst. Genau das ist aber so gut wie nie der Fall, wenn Du in den Nachrichtenkonsum investierst. Dein Leben ist anschließend selten besser. Im Gegenteil! Du hast soeben gelesen, wie Nachrichten Dein Leben schlechter machen.

    Wähle bewusst, was Du konsumierst

    Natürlich gibt es da draußen viele Informationsquellen, die Dich weiterbringen. Wichtig ist, dass Du diese gezielt und bewusst auswählst und nicht gedankenverloren die nächste News-App öffnest und Dich berieseln lässt.

    Wenn Du Deine Nachrichten umsonst bekommst, bist Du mit Sicherheit das Produkt. Stell Dir vor, ein dubioser Milliardär bietet Dir diesen Deal an: „Ich zahle Dir 30 Euro im Monat, und dafür erlaubst Du mir, Dich jeden Tag eine Stunde lang einer Gehirnwäsche zu unterziehen und Dir meine politischen und kommerziellen Ansichten einzuprägen.“ Nähmst Du den Deal an? Kaum jemand täte das. Nun bietet der zwielichtige Milliardär Dir einen etwas anderen Deal an: „Erlaube mir, Dich jeden Tag eine Stunde lang einer Gehirnwäsche zu unterziehen, und im Gegenzug werde ich Dir für diesen Service nichts berechnen.“ Jetzt klingt der Deal plötzlich für Hunderte von Millionen Menschen verlockend.

    Der erfolgreiche Investor Naval Ravikant schrieb einmal auf Twitter:

    „Wenn Sie sich so ernähren, investieren und denken, wie es die Medien befürworten, gehen Sie ernährungsmäßig, finanziell und geistig bankrott.“

    Die moderne Medienlandschaft hilft einer kleinen Anzahl von gewissenhaften Konsumenten. Gleichzeitig zerstört sie das Leben von Millionen von geistlosen Konsumenten, die durch Angst, Wut und Fehlinformationen gelähmt sind. Gewissenhafte Konsumenten nutzen die Informationen gezielt, um ihr Wissen zu erweitern, während geistlose Konsumenten im Nachrichtenfluss ertrinken. Die Diskrepanz zwischen den beiden Gruppen wird jeden Tag größer.

    Im Internet wird Dein Wissen nicht durch den Zugang zu Informationen begrenzt, sondern durch Deine Fähigkeit, irreführende Ablenkungen zu ignorieren. Die Menschen und Informationsquellen, denen Du online folgst, sind ein wichtiger Gradmesser für Deinen Erfolg, Deine Gesundheit und Deine Zufriedenheit. Folge den richtigen Leuten und nimm ihre Ratschläge ernst.

    Was die Welt braucht, sind Menschen, die zielgerichtet lernen und die Dinge, die ihnen wichtig sind, in die Tat umsetzen. Menschen, die qualitativ hochwertige Informationen suchen, und mithelfen, die Welt von Tag zu Tag ein Stück besser zu machen.

    Diese Philosophie wird von Wirtschaftsgrößen wie Warren Buffett (Berkshire Hathaway), Bill Gates (Microsoft), Nassim Taleb (Professor und Autor)  sowie von umsichtigen Politikern wie dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama beherzigt. Sie nehmen sich die Zeit, stunden-, tage- oder wochenlang aus dem Tagesgeschehen auszusteigen, um Bücher zu lesen und über die Gedanken anderer Menschen nachzudenken. Bei Buffett sollen es nach seiner eigenen Aussage 80 Prozent seiner Zeit sein, die er mit Lesen und Nachdenken verbringt. Bei Nassim Taleb sind es 30 Stunden pro Woche. Bill Gates liest 50 Bücher im Jahr.

    Diese Menschen sind überzeugt, dass Lernen ein lebenslanger Prozess ist – zu dem auch das Eingeständnis der eigenen Unwissenheit gehört. Wären sie nie auf die Idee gekommen, die Weisheit anderer zu suchen, wären sie vermutlich nicht so erfolgreich geworden.

    Wenn Du Deinen Kopf täglich mit irrelevanten Nachrichten vollstopfst, vermindert das Deine Fähigkeit, kluge Entscheidungen – basierend auf dem großen Ganzen – zu treffen.

    Wenn Du Deine Aufmerksamkeit auf das tägliche Tohuwabohu der Nachrichten richtest, überflutest Du Dich mit irrelevanten Informationen und unwahrscheinlichen Horrorszenarien. Du gibst dann seltenen Ereignissen zu viel Aufmerksamkeit, was Dein Weltbild verzerrt. Im Gegenzug verwechselst Du das Zufällige mit dem Wahrscheinlichen und das Seltene mit dem Unausweichlichen. Anstatt auf den Erfahrungen früherer Generationen aufzubauen, treibst Du dann mit dem Chaos des Augenblicks in den Wahnsinn. Dein Cortisolspiegel steigt an und lässt Dein Herz schneller schlagen als die Bässe im Münchner P1.

    Wenn Du die Nachrichten meidest, geht der Schrott an Dir vorüber, während die wichtigen Ereignisse dennoch den Weg zu Dir finden.

    Lies die relevante Literatur

    Wenn Dir ein Thema besonders wichtig erscheint, lies die relevante Literatur. Und mit Literatur meine ich: Von Experten verfasste Artikel, Bücher von seriösen Verlagen und die Veröffentlichungen von Wissenschaftlerinnen aus angesehenen Institutionen.

    Die Wissenschaft hat natürlich ihre Grenzen, und sie hat sich in der Vergangenheit in vielen Dingen geirrt. Trotzdem ist die wissenschaftliche Fachwelt seit Jahrhunderten unsere zuverlässigste Informationsquelle.

    Die Wissenschaftler ihrerseits müssen sich viel stärker in die aktuellen öffentlichen Debatten einbringen. Sie sollten sich nicht scheuen, ihre Stimme zu erheben, wenn die Debatte in ihr Fachgebiet abschweift. Schweigen ist keine Neutralität; es ist die Unterstützung des Status quo.

    Mit gutem Beispiel voran geht da die journalistisch tätige Dr. Mai Thi Nguyen-Kim. In einem Interview mit dem Business Punk antwortete sie auf die Frage, weshalb es wichtig ist, dass die Wissenschaft den Elfenbeinturm verlässt:

    „Wenn ich überlege, was momentan an Technologien in unser Leben reinkommt – zum Beispiel autonomes Fahren und Gentechnik. Das sind Sachen, die sind real. Menschen müssen da politische und juristische Entscheidungen treffen. Nur auf welcher Basis treffen sie die? Sind die Leute gut informiert? Ist da genug Austausch? Da sehe ich meine Verantwortung als Wissenschaftlerin im Journalismus an den gleichen Stellen, wie im Labor.“

    Nachrichten legen den Fokus auf die falsche Sache

    Stell Dir vor, es ereignet sich folgendes Drama: Ein Auto fährt über eine Brücke und in dem Moment stürzt die Brücke ein. Worauf konzentrieren sich die Nachrichtenmedien? Auf die Person im Auto. Woher er kam. Wo er hinwollte. Wie er den Unfall erlebte (falls er überlebte). Aber das ist alles irrelevant. Was ist relevant? Die strukturelle Stabilität der Brücke. Das ist das eigentliche Risiko, das in dieser Brücke lauerte und in anderen Brücken lauern könnte. Aber die Geschichte dieser einzelnen Person ist viel spannender, sie ist dramatisch, es ist eine Person wie Du und ich. Und es ist eine Nachricht, die billig zu produzieren ist.

    Besser wäre es, sich mit der Statik und dem Bau der Brücke zu beschäftigen und zu recherchieren, ob bei anderen Brücken die gleiche Gefahr besteht. Dadurch würde unser Leben besser. Alles andere ist bloße Unterhaltung.

    Nachrichten führen dazu, dass wir mit einer völlig falschen Risikolandkarte in unseren Köpfen herumlaufen. Deshalb wird Terrorismus überbewertet. Chronischer Stress wird unterbewertet. Der Zusammenbruch von Lehman Brothers wird überbewertet. Die Verantwortung der Großbanken wird unterbewertet. Astronauten sind überbewertet. Krankenschwestern werden unterbewertet. Die jährlich 10 Opfer von Hai-Angriffen werden überbewertet, die 725’000 Opfer von Moskitos werden unterbewertet.

    Wirf mal einen Blick auf die folgende Grafik. Im Jahr 2016 machte der Terrorismus in den USA weniger als 0.01 Prozent der Todesfälle aus, aber über ein Drittel der Medienberichterstattung in der renommierten New York Times. Mord machte weniger als 1 Prozent der Todesfälle aus, aber über 22 Prozent der Medienberichterstattung in der Zeitung:

    Wir sind nicht in der Lage, uns den Tricks der Medien zu entziehen. Wenn Du einen Terroranschlag im Fernsehen siehst, wird sich Deine Einstellung zu diesem Risiko ändern, unabhängig von seiner realen Eintrittswahrscheinlichkeit. Wenn Du glaubst, Du könntest das mit der Kraft Deines Verstands kompensieren, liegst Du falsch. Banker und Ökonomen – die extrem große finanzielle Anreize haben, von den Nachrichten ausgehende Gefahren zu ignorieren – haben gezeigt, dass selbst sie das nicht können.

    Die einzige Lösung: Reduziere Deinen Nachrichtenkonsum.

    Nachrichten sind irrelevant

    Den Journalisten zu vertrauen, wenn sie sagen, gute Bürger läsen die Nachrichten, ist so, als vertraue man der Lufthansa, wenn sie sagt, man vergeude sein Leben, wenn man nicht um die Welt reist. Beide Aussagen klingen wie ein übertriebenes Verkaufsargument, auch wenn sie Elemente der Wahrheit enthalten.

    Aber nenne mir von den tausenden Nachrichten, die Du in den letzten 12 Monaten konsumiert hast, eine einzige, die es Dir ermöglichte, eine bessere Entscheidung über eine wichtige Fragestellung zu treffen, die Dein Leben oder Deine Karriere betraf.

    Der Punkt ist: Der Konsum von Nachrichten ist für Dich größtenteils irrelevant. Aber den Menschen fällt es sehr schwer, zu erkennen, was relevant ist. Es ist viel einfacher, zu erkennen, was neu ist. Das Relevante gegen das Neue ist der grundlegende Kampf des heutigen Zeitalters.

    Medienunternehmen wollen Dir weismachen, Nachrichten böten Dir eine Art Wettbewerbsvorteil an. Viele Leser fallen darauf herein und werden ängstlich, wenn sie vom Nachrichtenfluss abgeschnitten sind. In Wirklichkeit ist der Nachrichtenkonsum ein Wettbewerbsnachteil. Je weniger Nachrichten Du konsumierst, desto größer ist der Vorteil, den Du hast. Jede Minute, die Du weniger irrelevante Nachrichten konsumierst ist eine Minute, die Du sinnvoller nutzen kannst.

    Heute wird nicht mehr neutral über Ereignisse berichtet, sondern sie werden produziert

    In einer berühmten Studie mit dem Titel „The Image“ wies Daniel Boorstin auf eine Verschiebung in der Berichterstattung hin: Anstatt nur über Ereignisse zu berichten, begannen die Journalisten, diese zu produzieren. Zeitungen wurden zu Produktionsstätten für Ereignisse, die nur geschaffen wurden, um darüber zu berichten. Dazu gehören die TV-Debatten der US-Präsidentschaftskandidaten, Interviews mit Stars und Sternchen, Award-Shows oder Promis, die nur berühmt sind, weil sie berühmt sind. Daniel Boorstin meint dazu:

    „Der Bürger lebt damit in einer Welt, in der die Fantasie realer ist als die Wirklichkeit, in der das Trugbild mehr Gewicht hat als die Realität des Originals.“

    Hans Rosling, Autor von „Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist“, schrieb:

    „Die Medien stellen die Welt nicht so dar, wie sie wirklich ist. Sie werden immer darum kämpfen, unsere Aufmerksamkeit mit aufregenden Geschichten und dramatischen Darstellungen zu gewinnen. Es liegt an uns Konsumenten zu erkennen, dass Nachrichten nicht sehr nützlich sind, um die Welt zu verstehen.“

    Der gewöhnliche Alltag fesselt viele Menschen nicht mehr. Journalisten müssen die Realität heute interessanter erscheinen lassen, als sie tatsächlich ist. Wenn ein Journalist keine interessante Geschichte findet, muss er eine bestehende Geschichte aufpeppen. Wie Nassim Taleb, einer der weltweit klügsten Autoren, einmal sagte: „Im Journalismus geht es um reine Unterhaltung, nicht um die Suche nach der Wahrheit.“ Mit Ausnahme von Extremsituationen sollten wir die täglichen Nachrichten ignorieren. Oder, wie Taleb bei einer anderen Gelegenheit sagte:

    „Lesen Sie keine Zeitungen und verfolgen Sie die Nachrichten nicht. Wenn Sie mir nicht glauben, werfen Sie mal einen Blick in die Zeitung des letzten Jahres.“

    Was davon ist heute wirklich noch relevant oder hätte Dich weitergebracht?

    Wir überschätzen die Bedeutung der jüngsten Ereignisse und halten selten inne, um das große Ganze zu überblicken. An der Börse bestimmt eine kleine Anzahl von Ereignissen die Mehrheit der positiven oder negativen Entwicklungen. Ähnlich verhält es sich im Weltgeschehen: Eine kleine Anzahl von Geschehnissen bestimmt den Großteil der wichtigen Ereignisse. Journalisten aber legen den Fokus viel zu stark auf die irrelevanten Ereignisse. Das führt dazu, dass sich die Welt chaotisch anfühlt. Aber sobald man auf eine langfristige Perspektive hinauszoomt und die Geschichte aus der Vogelperspektive betrachtet, fühlen sich die Ereignisse, die zuvor so wichtig schienen, wie winzig kleine Schlaglöcher auf einer Nebenstraße an.

    Der Mann, der gar nichts liest, ist besser gebildet als der Mann, der nur Zeitungen liest.

    Thomas Jefferson, 3. amerikanischer Präsident und Verfasser der Unabhängigkeitserklärung

    Die Sache mit der Wahrheit und Genauigkeit

    Die TV-Berichterstattung ist manchmal wirklich absurd. Da berichtet ein Journalist von draußen in der Welt und sagt ins Mikrofon: „Wir haben unbestätigte Berichte, dass – Moment, da ist gerade etwas reingekommen – ja genau wir haben jetzt bestätigte Berichte, dass diese unbestätigten Berichte dementiert worden sind. Nein, warten Sie! Es gibt einen neuen Bericht, der die Bestätigung des Dementis des unbestätigten Berichts dementiert.“

    Da bekomme ich ein Schleudertrauma! Wieso können Journalisten nicht einfach warten, bis eine Geschichte bestätigt ist, bevor sie darüber berichten?

    Nicht zu vergessen: Alle die Fake News, die immer mal wieder in den Zeitungen stehen. Fake News gibt es nicht erst seit Donald Trump; man sah sie auch früher schon bei deutschen Politikern:

    • 1986: Norbert Blüm verspricht: „Denn eins ist sicher: die Rente.“
    • 1990: Helmut Kohl verspricht: „In den nächsten drei bis vier Jahren werden wir in den neuen Bundesländern blühende Landschaften gestalten.“
    • 1998: Theo Waigel beruhigt bei der Einführung des Euro: „Jedes Land haftet allein für seine Schulden. Es wird in der Währungsunion keine zusätzlichen Finanztransfers geben.“

    Die Medien verteilten diese Lügen noch und nöcher weiter.

    Wie leicht sich Medien täuschen lassen, zeigte Peter Onneken vor ein paar Jahren. Seine Studie „Wer Schokolade isst, nimmt schneller ab“ war ein Fake. Aber die Medien rund um die Welt griffen sie auf und veröffentlichten sie. Niemand kam auf die Idee, die ganze Sache zu prüfen.

    Mein Wunsch deshalb an die Medien: Prüft zuerst die Fakten, egal wer sie vorbringt. Und wenn ihr noch nicht mit Sicherheit sagen könnt, ob die Aussagen stimmen, kennzeichnet das bitte so.

    Die Sache mit der Demokratie

    Du erwiderst jetzt vielleicht, dies sei ja alles gut und recht, ein ordentlicher Bürger habe sich aber zu informieren, um an den politischen Prozessen teilnehmen zu können. Schließlich deckten die Medien als „4. Gewalt des Staates“ ja Missstände auf und zwängen die Übeltäter, damit aufzuhören.

    Das mag in einzelnen Fällen vielleicht stimmen, aber das Merkwürdige daran ist, dass Du dabei nie involviert bist. Die Regierung begeht ein Verbrechen, die Süddeutsche Zeitung druckt es auf der Titelseite, die Opposition regt sich in den Nachrichtensendungen und Talkshows auf, die Regierung entschuldigt sich und begeht das Verbrechen auf subtilere Weise. Es ist ein hervorragendes System. Aber ist Dir aufgefallen, dass Du in diesem Prozess gar keine Rolle spielst? Es scheint, als funktioniere das Ganze vollkommen automatisch, selbst wenn Du die Süddeutsche nie liest und auch nie die Talkshows schaust. Es ist ein geschlossenes System. Dein Beitrag ist da nicht nötig.

    Dann gibt es da noch die Wahlen. Hier ist es vollkommen ausreichend, wenn Du vor den Wahlen das Wahlbüchlein mit dem Überblick über die Themen und Kandidaten studierst. Du musst nicht das tägliche Hin und Her von Behauptungen und Gegenbehauptungen, von skurrilen Geschichten und Widerlegungen verfolgen. Im Wahlbüchlein gibt es auch keinen „Recency Bias“ (bei dem Du Dich nur an die Geschichten erinnerst, über welche die Medien in den letzten Wochen berichteten). Du bekommst beide Seiten der Geschichte zu hören und kannst über die Themen nachdenken, statt das Affentheater in der Politik zu verfolgen.

    Wie kam es dazu?

    Wenn Du nun gesehen hast, wie schädlich Mainstream-News sind, fragst Du Dich vielleicht: „Aber aus welchem Grund sollten die Medien ein Interesse daran haben, solche schädlichen Nachrichten zu produzieren?“ Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir einen Blick in die Geschichte der Medien werfen.

    Die Geschichte der Zeitungsverlage

    Früher war es teuer, Informationen zu produzieren und zu verbreiten. Bevor das Internet entstand, konnten die Verlage diese Inhalte nicht so einfach an den Mann bringen.

    Die Kostenstruktur einer traditionellen Zeitung hat hohe Fixkosten und niedrige Grenzkosten: Die hohen Fixkosten entstehen durch die Löhne, den Aufbau der Marke und die Produktion. Ist das System jedoch erst einmal eingerichtet, ist der Kauf des Papiers und der Tinte, die für eine weitere Zeitung benötigt werden, billig im Vergleich zu den Kosten für den Bau von Druckmaschinen, den Kauf von Lieferwagen und die Einstellung von Reportern vor Ort.

    Es war deshalb schwierig, eine Konkurrenz zu einer bestehenden Zeitung aufzubauen. Nur wer genügend Geld hatte, konnte einen Verlag gründen und eine Zeitung herausgeben. Deshalb hatten Lokalzeitungen auf dem Markt für Nachrichten die meiste Zeit ihres Bestehens wenig Konkurrenz. Viele Städte hatten eine oder zwei große Zeitungen und daneben gab es viele kleine Regionalzeitungen. Das Geschäftsmodell von damals schaute vereinfacht gesagt so aus:

    1. Sammeln der Meldungen aus aller Welt
    2. den redaktionellen Teil mit diesen Meldungen und etwas Unterhaltung und Sport abfüllen
    3. den Anzeigenteil mit Kleinanzeigen und Werbeinseraten füllen
    4. ab in die Briefkästen und Verkaufsstellen damit!

    Auf diese Weise verdienten die Verlage gutes Geld. Wer sich informieren wollte, war auf sie angewiesen. Informationen waren knapp, die Aufmerksamkeit der Menschen war groß (da es kaum Ablenkung durch andere Medien gab und die Freizeitindustrie noch nicht so ausgebaut war, wie sie es heute ist).

    Vor dem Internet waren Zeitungen ein Sammelsurium aus Nachrichten, Kommentaren, lokaler Werbung, Kontaktanzeigen, Kleinanzeigen und Stellenausschreibungen. Aber das Internet kann alle diese Aufgaben besser erfüllen. Dort ist die Werbung personalisierter und die Verbreitung von Nachrichten schneller. Jeder, der einen Share-Button benutzen kann, übernimmt damit die Funktion des Zeitungsjungen.

    Die Situation heute

    Während die Informationen früher rar und die Aufmerksamkeit der Menschen leicht zu gewinnen war, so ist es heute komplett umgekehrt. Informationen sind keine rare Ressource mehr – wir erhalten sie rund um die Uhr an sieben Tage in der Woche. Und die Verteilung der Informationen an die Menschen wurde durch die Digitalisierung sehr einfach.

    Was hingegen knapp ist, ist die Aufmerksamkeit der Menschen. Wir haben heute viel mehr Möglichkeiten, unsere 24 Stunden zu füllen – ob mit Internetinhalten, Netflix, Konzerten, Reisen, Games oder vielem anderem mehr.

    Heute sind die Verlage gezwungen, um unsere Aufmerksamkeit zu buhlen.

    Ein guter Artikel ist heute nicht mehr ein Artikel mit einer hohen Qualität, sondern einer, der die Leute auf die Webseite lockt und Aufmerksamkeit in Form von Klicks bringt. Die Medien verdienen heute nicht mit der Qualität, sondern mit der Anzahl an Klicks. Ein Artikel, der Empörung auslöst und die Menschen spaltet, ist dabei besonders lukrativ. Diese Artikel werden eifrig geteilt, gelikt und kommentiert – und jeder Seitenaufruf bringt Geld ein. Und da jeder Seitenaufruf Geld einbringt, unabhängig davon, wie lange der Leser für den Konsum des Artikels benötigt, sind die Artikel in der Regel auch sehr kurz und oberflächlich. So ist gewährleistet, dass der Leser möglichst rasch zum nächsten Artikel weiterklickt. Und wenn es doch mal ein längerer Artikel wurde, wird dieser einfach über mehrere Seiten verteilt. Beim Inhalt wird dabei Neuigkeit oft über die Relevanz gestellt.

    Die Journalistin Anna Miller beschreibt das in ihrem Artikel „Journalismus – gefangen zwischen Nullen und Einsen“ so:

    [Wir produzieren] Cat Content. Lassen Leserreporter Fotos von halbnackten Menschen machen, die sich auf der Strasse grad erlauben, eine Sekunde aus der Reihe zu tanzen, um daraus dann eine Geschichte zu machen, die polarisiert. Schreiben von einem Elefanten, der in China ein Stück Kuchen balanciert.

    Viele Journalistinnen (…) haben kaum mehr Raum, etwas in seiner Ganzheit verstehen zu können. Recherche zu rechtfertigen. Länger an einem Text zu arbeiten. Die Fakten wirklich verifizieren. Kultur? Klickt nicht. Chronistenpflicht? Klickt nicht. Noch zwei Stunden verstreichen lassen, weil man noch auf eine Rückmeldung wartet, obwohl der Text mittags online sein sollte? Verschenkte Klicks. Weil die Leute, die dann in ihren Büros sitzen, Mittagspause haben, und dann bedient werden wollen.

    Früher hatten Journalisten keinen Nachteil, wenn sie sich an die Fakten hielten, Sensationslust vermieden und annahmen, Menschen seien unschuldig, bis ihre Schuld bewiesen ist. Heute ist das anders.

    Journalisten haben auch keinen Anreiz, an der Lösung der von ihnen beschriebenen Probleme teilzunehmen. Wer sein Gehalt aus der Empörung über einen Missstand bezieht, hat kein Interesse an der Behebung des Missstandes. Im Gegenteil; Journalisten sind eher noch motiviert, ein wenig Öl ins Feuer zu gießen.

    In einem viel beachteten Vortrag stellte Ray Marcano fest, dass es heute oft nicht mehr um die Verbreitung von Nachrichten geht. Viel eher geht es um das Veranstalten eines Theaters mit dem Ziel, möglichst viele Klicks und damit möglichst viel Umsatz zu generieren.

    Das Oxford Internet Institute fand in einer Studie heraus, dass Sensations-News auf Facebook über 6-mal häufiger kommentiert, gelikt und geteilt werden als seriöse Nachrichten. Den Grund dafür sehen die Forscher darin, dass die Verfasser von Sensations-News in der Regel eher auf eine emotionale Sprache setzen, die der Empörung dient und Klicks verschafft.

    Die Lösung

    Verstehe mich nicht falsch: Ich bin absolut dafür, dass wir uns über die Welt informieren und uns neues Wissen aneignen. Schließlich ist Bildung eine der wichtigsten Fähigkeiten, um in der heutigen Wissensgesellschaft zurechtzukommen. Wir müssen uns einfach überlegen, welche Art von Informationen wir tatsächlich konsumieren und auf welche wir mit gutem Gewissen verzichten können.

    Die meisten Menschen verbessern ihr Leben nicht durch das Lesen eines Zeitungsartikels, sondern durch das Lesen von längeren Essays oder fundierten Büchern, die viel aussagekräftiger und tiefergehend sind. Wie René Descartes einst sagte: „Gute Bücher zu lesen ist wie ein Gespräch mit den besten Köpfen der vergangenen Jahrhunderte.“

    Du kannst in der Zeit, die der Durchschnittsbürger monatlich für die Nachrichten aufwendet, mehrere Bücher lesen. (Achte einfach darauf, dass Du Bücher wählst, die Dich wirklich weiterbringen.)

    Ich selbst bin kein Unschuldslamm, wenn es um den Überkonsum von Nachrichten geht. Früher las ich nahezu alles, was mir in die Finger kam. Ob Zeitungen, Bücher, Magazine; es spielte keine Rolle. Im Rahmen der zahlreichen Sonntagsbesuche bei den Großeltern las ich mich als kleiner Junge sogar peu à peu durch den Brockhaus – oder zumindest einen Teil der zahlreichen Bände. (Für die Jüngeren unter den Lesern: Der Brockhaus war so etwas wie Wikipedia in ausgedruckter Form.) Als die Nachrichten ins Internet wanderten, konnte ich nicht genug kriegen von den Onlinenews. Ich glaubte, mich informieren zu müssen, um ein „richtiger“ Bürger zu sein.

    Der Brockhaus mag noch eine halbwegs vernünftige Lektüre gewesen sein; die Nachrichten waren es nicht. Inzwischen weiß ich, dass ich all das nicht brauche und dass es mir schadet. Heute bin ich viel besser informiert ohne diese Junk News. Heute konzentriere ich mich auf das Wesentliche.

    Unterscheide zwischen Dingen, die Du ändern kannst und Dingen, die Du nicht ändern kannst

    In „Die Nachrichten: Eine Gebrauchsanweisung“ stellt der Philosoph Alain de Botton unter Bezugnahme auf die Ideen Hegels die These auf, dass die Nachrichten in modernen Kulturen „die Religion als unsere zentrale Quelle der Orientierung ersetzt“ haben. An die Stelle des Morgen- und Abendgebets sei der Blick in die Nachrichten getreten, gleich nach dem Aufstehen und beim Zubettgehen. Während die Gläubigen früher in der Schrift Inspiration suchten, seien es heute die Nachrichten.

    „Wir hoffen, Offenbarungen zu erhalten, zu erfahren, wer gut und böse ist, das Leiden zu ergründen und die sich entfaltende Logik der Existenz zu verstehen. Und auch hier gilt: Wenn wir uns weigern, an den Ritualen teilzunehmen, könnten wir der Ketzerei bezichtigt werden.“

    Alain de Botton

    Wir wenden uns den Nachrichten zu in der Hoffnung auf neue Offenbarungen über ein glücklicheres und längeres Leben. Und das Orakel kommt uns entgegen, meint Botton, indem es „die neuesten Erkenntnisse über Rotwein, Gentherapie und die Vorteile des Verzehrs von Walnüssen mit einer abergläubischen Ehrfurcht behandelt, die derjenigen nicht unähnlich ist, die einst einen frommen katholischen Pilger dazu inspiriert haben mag, das Schienbein von Maria Magdalena zu berühren – in der Hoffnung, sich dadurch anhaltenden göttlichen Schutz zu sichern.“

    Hast Du schon mal vom Gelassenheitsgebet gehört? Das geht so:

    Gott, gib mir die Gelassenheit,
    Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
    den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
    und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

    Herrlich, oder? Danach sollten wir uns richten, wenn wir Medien konsumieren! Ähnliche Gedanken gibt es auch bei anderen Denkern:

    „Wohl dem Menschen, wenn er gelernt hat, zu ertragen, was er nicht ändern kann, und preiszugeben mit Würde, was er nicht retten kann.“

    Friedrich Schiller, Über das Erhabene

    „Wenn etwas nicht veränderbar ist, handelt es sich nicht um ein Problem. Es ist eine Situation, ein Umstand, eine Tatsache des Lebens. Es mag ein Hindernis sein, aber es ist, genau so wie die Schwerkraft, kein Problem, das gelöst werden kann.“

    Bill Burnett und Dave Evans in „Mach, was Du willst: Design Thinking fürs Leben

    Zu den Dingen, die Du nicht ändern kannst, mit denen Du aber oft Zeit und Energie verschwendest, gehört die große Mehrheit der Nachrichten: Krieg und Terrorismus, Wirtschaft und Aktienkurse, Klatsch und Tratsch über Prominente und politische Skandale. Diese Nachrichtenflut kann rasch einen Großteil Deiner Zeit und Energie in Anspruch nehmen. Deine Gedanken drehen sich dann oft um solche Fragen: Was ist mit dem Krieg? Was ist mit der Wirtschaft? Was ist mit den Entscheidungen des US-Präsidenten? Dabei kannst Du diese Dinge gar nicht beeinflussen.

    Dinge ändern kannst Du dann, wenn Informationen Dich direkt betreffen: Entwicklungen in Deinem Wohnort, Informationen über Länder, die Du demnächst bereisen wirst oder Entwicklungen in der Branche, in der Du arbeitest. Ebenfalls für Dich relevant sein können Produktinformationen zu Dingen, die Du kaufen möchtest oder Themen, die Deine Weiterentwicklung und Fortbildung betreffen.

    Wenn Du Deinen Fokus auf jene Dinge richtest, die Du beeinflussen kannst, hast Du die Zeit und Energie um Kunst zu erschaffen, einen Nebenverdienst aufzubauen, ein Unternehmen zu gründen, sinnvolle Gespräche zu führen oder anderweitig einen Beitrag zur Welt um Dich herum zu leisten.

    Reduziere Deinen Nachrichtenkonsum

    Was Zucker für Deinen Körper ist, sind Nachrichten für Deine Psyche. Die Medien füttern Dich mit kleinen Informationshäppchen, die Dein Leben nicht wirklich betreffen und die kein Nachdenken erfordern.

    Heute sind wir in Bezug auf Informationen an demselben Punkt angelangt, an dem wir vor 20 Jahren in Bezug auf Lebensmittel standen. Wir beginnen zu erkennen, wie giftig Nachrichten sein können. Ray Marcano bezeichnet die 24-Stunden-Newsgesellschaft im oben schon erwähnten Vortrag als größte Gefahr für die Menschheit – noch vor den Atomwaffen in Nordkorea.

    Jede Minute, die Du für den Konsum von Nachrichten verwendest, die Dich nicht weiterbringen, ist eine Minute, die Dir an einer anderen Stelle fehlt. Dein Tag hat auch nur 24 Stunden – überlege Dir gut, wie Du diese Stunden ausgibst.

    Das große Ganze ist wichtiger als der tägliche Nachrichtenstrom

    Die wichtigen Themen sind für Journalisten uninteressant: langsame, aber sehr mächtige Bewegungen, die sich unterhalb des Radars von Journalisten entwickeln, jedoch eine umwälzende, weltverändernde Wirkung haben. Je mehr Nachrichten-Häppchen Du konsumierst, desto weniger verstehst Du vom großen Ganzen.

    Wenn mehr Information zu höherem wirtschaftlichen und finanziellen Erfolg führt, könnten wir erwarten, dass Journalisten an der Spitze der Pyramide stehen. Das ist aber nicht der Fall. Die wenigsten Journalisten brachten es zum Millionär.

    Um wirklich informiert zu sein – um in der Lage zu sein, einen Sinn in den Ereignissen zu erkennen und zu wissen, wie man darauf reagieren sollte – braucht es mehr als die Nachrichten selbst. Die Medien geben selten einen Kontext zu dem, was sie berichten, sondern bieten stattdessen eine unaufhörliche Flut von Zahlen und Datenpunkten.

    Hintergrundwissen über Geschichte, Psychologie, Philosophie und so weiter, das Du in Büchern und anderen fundierten Informationsquellen findest, ist erforderlich, um Verbindungen zwischen diesen Fakten herzustellen, gut abgestützte Positionen einzunehmen und sinnvolle Entscheidungen zu treffen.

    Was ich mir von den Medien wünsche

    Ich kann Lara Setrakian absolut zustimmen, wenn sie sagt, es brauche die folgenden drei Dinge, damit die Nachrichten wieder von Nutzen für die Gesellschaft seien:

    1. Wir brauchen Journalisten, die Ahnung von der Sache haben
      • nur so ist gewährleistet, dass die heute sehr oberflächlichen Nachrichten wieder tiefer und fundierter werden
    2. Wir brauchen eine Art „hippokratischen Eid“ für den Journalismus
      • ein Versprechen, der Gesellschaft keinen Schaden zuzufügen
      • mit falschen oder zumindest ungenauen Fakten wird heute viel kaputt gemacht und Panik geschürt; hier sind die Journalisten in der Pflicht, sich vor der Publikation eines Artikels stets zu fragen, ob dies der Gesellschaft schaden könnte
    3. Wir müssen uns wieder bewusst werden, dass die Welt komplex ist
      • es gibt keine einfachen Lösungen
      • Nachrichten sind Bildung für Erwachsene; davon merkt man heute oft wenig

    Welchen Weg ich ging

    Ich habe mich in den letzten zwei, drei Jahren sehr stark mit dieser Thematik befasst. Nach reichlichem Überlegen kam ich zum Schluss, dass ich meinem Leben eine neue Wendung geben muss. Seit ich meinen Job im Herbst 2020 kündigte, kann ich meine Zeit dafür verwenden, die Welt besser zu verstehen und mir ein Bild „vom großen Ganzen“ zu machen.

    Mir ist klar, dass Du diese finanzielle Unabhängigkeit vielleicht nicht hast. Aber Du kannst im Kleinen versuchen, qualitativ bessere Informationsquellen zu nutzen und den Konsum von Onlinenews zu reduzieren. Wenn viel beschäftigte Männer wie Warren Buffett, Bill Gates und Barack Obama Zeit finden, Bücher zu lesen, schaffst Du das mit Sicherheit auch.

    „In meinem ganzen Leben habe ich keine klugen Leute gekannt, die nicht ständig gelesen haben – keine. Null.“

    Charlie Munger, Selfmade-Milliardär & langjähriger Geschäftspartner von Warren Buffett

    Die meisten Informationen, denen Du in Deinem Leben begegnest – die Nachrichten, die Updates in den sozialen Medien, die Fernsehsendungen – werden Dein Leben nicht verbessern. Anstatt herumzusitzen und alles zu konsumieren, was gerade verfügbar ist, solltest Du Dich selbst herausfordern, bewusstere Entscheidungen darüber zu treffen, was Du konsumierst. Auch im Internet gibt es hervorragende Informationsquellen – Du musst sie einfach bewusst auswählen statt kopflos von Schlagzeile zu Schlagzeile zu springen.

    Klar, wenn eine Neuigkeit Auswirkungen auf Dein tägliches Leben hat, solltest Du das Thema verfolgen. Wenn eine Flut auf Dein Dorf zukommt, solltest Du das im Auge behalten. Wenn Änderungen in der Einwanderungspolitik Auswirkungen auf Deinen Aufenthaltsstatus haben, solltest Du das verfolgen. Wenn die Menschen in Deinem Land über ein wichtiges Gesetz abstimmen, solltest Du Dich informieren. Auf keinen Fall solltest Du Dich völlig abmelden. Aber sei Dir der verzerrten Anreize der Nachrichtenindustrie und der Perversion dessen bewusst, was es bedeutet, „informiert zu sein“.

    Folge diesen Leuten

    Anstatt mit dem endlosen Nachrichtenstrom Zeit zu vergeuden, macht es aus meiner Sicht mehr Sinn, wenn Du diesen hochkarätigen Personen auf ihren jeweiligen Kanälen folgst und ihre Bücher liest:

    Wenn Du die Interviews und Artikel dieser Menschen verfolgst, wirst Du feststellen, dass diese Menschen komplett anders denken als Otto Normalverbraucher. Charlie Munger zum Beispiel verwendet eine „Checkliste für kognitive Verzerrungen / Biases“, bevor er Investitionsentscheidungen trifft. So stellt er sicher, dass er die richtigen mentalen Modelle anwendet. Warren Buffett verwendet Entscheidungsbäume. Jeff Bezos betrachtet Amazon als „Day One“, also noch ganz am Anfang, obwohl es das Unternehmen schon seit mehr als 20 Jahren gibt. Und da gäbe es noch viele weitere Beispiele.

    Auf medium.com empfehle ich Dir diese Autoren:

    Auf YouTube kann ich Dir diese Kanäle empfehlen:

    Zudem gebe ich Dir den Tipp, auf Google Alerts jene Themen zu abonnieren, die für Dich und Dein Leben relevant sind. So erhältst Du ganz gezielt alles Wichtige zugeschickt.

    Je mehr ich die Denkmethoden dieser Menschen studierte, desto mehr fing ich natürlich an, sie in meinem Leben und in meinen Investitionen anzuwenden, und desto erfolgreicher wurde ich. Das war ein entscheidender Wendepunkt für mich.

    Die Resultate, die ich erzielte, waren nicht nur ein bisschen besser. Es war nicht nur eine kleine Veränderung von 5 oder 10 Prozent. Es war nicht einmal nur eine 100-prozentige Verbesserung. Es war das 10-fache, in manchen Fällen sogar das 100-fache. Es war eine gewaltige Sache.

    Ich sah die Realität auf einer viel grundlegenderen und fundamental anderen Ebene. Ich schaute auf viele meiner früheren Fehler zurück und dachte mir: „Oh mein Gott! Wenn ich nur dies oder jenes mentale Modell gekannt hätte …“ Ich hätte so viel früher an dem Punkt sein können, an dem ich heute bin.

    Fazit

    Nach dem Lesen dieses Artikels weißt Du nun unter anderem:

    • dass der Nachrichtenkonsum Deinen Tag negativ beeinflusst
    • dass Nachrichten von vielen Experten als schädlich bezeichnet werden
    • dass es bessere Möglichkeiten gibt, Dich über die Welt zu informieren

    Falls Du zu den Menschen gehörst, die glauben, ohne ihre tägliche Dosis an Nachrichten nicht auskommen zu können, rate ich Dir zu diesem Experiment: Versuche mal, einen Monat darauf zu verzichten. Achte darauf, was das mit Dir macht. Wie verändert sich Deine Stimmung? Wie verändert sich Dein Zeitmanagement?

    Vielleicht fühlt es sich zu Beginn wie ein kalter Entzug an. Das allein ist schon ein Alarmzeichen dafür, dass Du etwas süchtig machendes und damit ungesundes konsumiert hast. Mit Sicherheit aber wirst Du anschließend merken, wie sich Dein Leben nach und nach entspannt.

    Du wirst Zeit haben für die Menschen und Projekte, die Du bisher aus Zeitmangel immer vor Dir hergeschoben hast. Du wirst während des Tages entspannter sein und abends besser einschlafen. Möglicherweise wirst Du weniger gereizt sein und offener auf die Welt zugehen – jetzt, wo sie Dir nicht mehr so gefährlich erscheint.

    Ich bin mir sehr sicher, dass Du dieses Experiment nicht bereuen wirst. Viel Spaß dabei!


    Dieser Artikel von Andreas Hobi ist lizenziert unter CC BY-SA 4.0

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