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Studie mit Top-Performern zeigt: Wir können nur 4.5 Stunden pro Tag produktiv sein

    Ist Dir auch schon aufgefallen, dass Deine Mitarbeitenden immer so lange für die Erledigung ihrer Arbeit benötigen, wie Du ihnen zugestehst? Wenn Du ihnen drei Stunden Zeit gibst, werden sie die Arbeit in zweieinhalb bis drei Stunden erledigt haben. Wenn Du es aber eilig hast und Deinen Mitarbeitenden für die gleiche Aufgabe nur zwei Stunden Zeit gibst, schaffen sie es auch in dieser Zeit; in der Regel sogar ohne Qualitätseinbussen. Komisch, oder?

    In diesem Artikel verrate ich Dir, was sich hinter diesem Phänomen verbirgt und wie Du die Ursache beheben kannst. Ich gebe Dir einfache Tipps mit auf den Weg, die Du sofort im Arbeitsleben umsetzen kannst, sodass Dein Team bereits ab morgen deutlich produktiver ist. Und ich werde Dir von einer Studie erzählen, die aufzeigte, dass wir maximal 4.5 Stunden pro Tag produktiv sein können.

    Inhaltsverzeichnis

    Wir können nicht acht Stunden pro Tag produktiv sein

    Wie viele Stunden arbeitest Du pro Tag? Ich wette, Du gibst mir eine Antwort zwischen acht und achteinhalb Stunden. Und falls Du Karriere machen willst, arbeitest Du möglicherweise noch etwas mehr, um Deiner Chefin zu gefallen.

    Ist das sinnvoll? Nein!

    Es ist längst bewiesen, dass die wenigsten Menschen acht Stunden pro Tag wirklich produktiv sein können. Du bist vielleicht acht Stunden am Arbeitsplatz körperlich anwesend, aber ich nehme Dir nicht ab, dass Du tatsächlich acht Stunden arbeitest. Viel eher schaut Dein Arbeitstag so aus:

    Vereinbarte Arbeitszeit

    • minus Kaffeepausen
    • minus Schwatz mit Arbeitskolleginnen und -kollegen
    • minus Facebook / WhatsApp / Instagram / booking.com
    • minus Tagträumen
    • minus Nachmittagstief
    • minus unnötige Sitzungen
    • minus darauf warten, dass die Motivation sich meldet

    = plusminus fünf Stunden Arbeitszeit (gemäß Stephan Aarstol, CEO von Tower)

    Wir kommen später noch auf Stephan Aarstol und Tower zu sprechen.

    Mit der Auflistung oben will ich nicht sagen, dass Du ohne alle diese Ablenkungen tatsächlich acht Stunden durchgehend produktiv wärst. Das schaffst Du nicht. Ebenso wenig, wie ich oder jemand anders das schafft. O.K., bei Elon Musk könnte ich es mir unter Umständen noch vorstellen; aber sonst? No way! Bei normalen Menschen (sprich: alle jene, die nicht davon träumen, irgendwann auf dem Mars zu leben) nimmt die Produktivität und die Qualität der Arbeitsergebnisse mit zunehmender Länge der Arbeitszeit ab.

    Niemand kann acht oder mehr Stunden pro Tag wirklich produktiv arbeiten. Moderne Arbeitsgeräte und Digitalisierung hin oder her: spätestens nach etwa sechs Stunden ist Schluss mit der Konzentration. Danach sinkt die Wahrscheinlichkeit, noch etwas Sinnvolles zustande zu bringen. Ein 8-Stunden-Arbeitstag ist nicht realistisch.

    Studie zeigt: Wir sind nur 2 Stunden und 53 Minuten pro Tag wirklich produktiv

    Wer in Großbritannien lebt, kommt kaum an Vouchercloud.com vorbei. Das Unternehmen untersuchte in einer Studie, wie seine Mitarbeitenden den Arbeitstag verbringen. Das Unternehmen befragte nur jene 1’989 Mitarbeitenden, die Vollzeit arbeiten. Das Ergebnis war ernüchternd. Pro Tag sind die Leute im Schnitt gerade einmal während 2 Stunden und 53 Minuten wirklich produktiv. Dies zeigt die folgende Zusammenstellung.

    (Die Prozentzahl gibt an, wie viele Mitarbeiter diese Tätigkeit während der Arbeitszeit tun. Die Minutenzahl gibt an, wie lange sie diese Tätigkeit pro Tag durchschnittlich tun.)

    • Soziale Medien (47 % / 44min)
    • Nachrichten lesen (45 % / 1 Stunde und 5 Minuten)
    • Private Gespräche mit Personen im Büro (38 % / 40min)
    • Kaffee holen (31 % / 17min)
    • Raucherpausen (28 % / 23min)
    • Nachrichten auf dem Mobiltelefon beantworten (27 % / 14min)
    • Snacks essen (25 % / 8min)
    • Essen zubereiten (24 % / 7min)
    • Anrufe beim Partner oder bei Freunden (24 % / 18min)
    • Suche nach neuem Job (19 % / 26min)

    Ja, beim letzten Punkt runzelte ich auch etwas die Stirn … 🤔🤷🏻‍♂️

    Würde man die Arbeitsweise der Mitarbeitenden grafisch darstellen, sähe es wohl so aus:

    Grafik: Andreas Hobi

    Mehrere Experimente, die Professor K. Anders Ericssons an der Florida State University durchführte, haben gezeigt, dass Menschen nur vier oder fünf Stunden am Stück konzentriert arbeiten können, bevor sie aufhören, sinnvolle Dinge zu erledigen. Jenseits dieser Höchstleistung stagniert die Leistung oder nimmt sogar ab.

    Ericsson hat Elite-Performer wie Musiker, Athleten und Schachspieler studiert: In allen diesen Disziplinen fand er heraus, dass die besten Performer typischerweise in Zeiteinheiten übten, die nicht länger als 90 Minuten dauern. Anschließend erfolgt eine Pause. Die Elite-Performer beginnen am Morgen, machen Pausen zwischen den Einheiten und üben pro Tag insgesamt nur selten mehr als 4.5 Stunden.

    Warum nur ignorieren die Unternehmen solche Erkenntnisse und lassen ihre Mitarbeitenden weiterhin acht Stunden täglich schuften? Was ist der Sinn dahinter, auf möglichst lange physische Anwesenheit am Arbeitsplatz zu setzen, wenn doch die Mitarbeitenden mehr pro Tag erreichen könnten, wenn sie mehr Erholungsphasen hätten?

    Wer war Parkinson?

    Hier kommt nun der 1909 im englischen Durham geborene Cyril Northcote Parkinson ins Spiel. Und nein, er hat nichts mit der Parkinson-Krankheit zu tun.

    Parkinson promovierte 1935 am Kings College zum Doktor der Philosophie und lehrte danach jahrelang an verschiedenen Schulen. 1950 wurde er nach Malaysia versetzt. Dort fiel ihm die aufgeblähte britische Kolonialverwaltung ins Auge. Er beobachtete, dass die Erledigung einer Sache länger dauert, wenn mehr Leute als nötig daran beteiligt sind.

    Zudem stellte er fest, dass die Zahl der Beamten jährlich um 5 bis 7 Prozent anstieg – obwohl die Zahl der britischen Kolonien zurückging und der Umfang der zu erledigenden Aufgaben nachweislich abnahm.

    Und bei der Marine stellte er fest, dass die Zahl der Admiräle zwischen 1914 und 1928 um stolze 78 Prozent anstieg, während die Anzahl der Schiffe um 67 Prozent sank und die Zahl der Offiziere um 31 Prozent zurückging. Mit anderen Worten: Es gab weniger Arbeit, aber mehr Chefs.

    Fünf Jahre später veröffentlichte er im britischen Wirtschaftsmagazin „The Economist“ einen denkwürdigen Beitrag unter der Überschrift „Parkinson’s Law“. Es war ein Essay über die bürokratische Ineffizienz und möglicherweise nicht ganz ernst gemeint. Typisch britischer Humor eben. Doch auch wenn dazu bis heute jede wissenschaftliche Grundlage fehlt – das Parkinsonsche Gesetz hat Geschichte geschrieben. Jeder kennt es aus eigener Erfahrung und es lässt sich immer wieder im Alltag beobachten.

    Das Parkinsonsche Gesetz

    Parkinson stellte fest:

    „Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“

    Diese Aussage ließ er sich sogar auf seinen Grabstein gravieren.

    Bild (Remix): Deeday-UK, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

    Als Beispiel erzählt er von einer älteren Dame, die einen halben Tag dafür benötigt, ihrer Nichte eine Postkarte zu schicken. Zuerst wählt sie aus der Vielzahl an unterschiedlichen Karten die schönste Postkarte aus, danach sucht sie die Adresse der Nichte heraus, dann verfasst sie den Text als Entwurf, anschließend schreibt sie den Text auf die Karte, dann überlegt sie, ob sie einen Schirm mit auf den Weg zum Briefkasten nehmen sollte, danach sucht sie den Schirm und macht sich auf den Weg zum Briefkasten.

    Den Kontrast bildet der viel beschäftigte Mann, der die gleiche Aufgabe in drei Minuten an seinem Schreibtisch erledigt.

    Aber auch im Arbeitsalltag – oder vor allem dort – finden wir das Parkinsonsche Gesetz. Egal, wie viele Menschen einer bestimmten Aufgabe zugeteilt werden, nie tut jemand nichts. Denn je mehr Personen zusammenarbeiten, desto mehr Zeit benötigen sie, um sich selbst zu verwalten.

    Und schnell ist ein Text für die Webseite kein einfacher Text mehr, sondern ein Großprojekt: Ein Sachbearbeiter setzt einen Entwurf auf. Sein Vorgesetzter macht einige Anmerkungen und leitet den Text an seinen Kollegen weiter, welcher ebenfalls einige Korrekturvorschläge anbringt. Dann gelangt der Text zurück an jenen Sachbearbeiter, der ihn entworfen hat. Er arbeitet die Änderungen ein und legt den Text erneut vor. Nun sind endlich seine direkten Vorgesetzten zufrieden und geben den Text dem Marketingleiter. Der könnte den Text natürlich ohne weitere Prüfung auf der Webseite publizieren, weil er aber ein akribischer Mensch ist, arbeitet er das Ganze nochmals durch, ärgert sich über ein paar Formulierungen und bittet seine Kollegen, den Text nochmals neu aufzusetzen.

    Aber auch im Kleinen spielt das Parkinsonsche Gesetz. Sicher kennst Du das aus Deinem Alltag: Wenn Du üblicherweise für die Erledigung einer bestimmten Aufgabe 30 Minuten benötigst und hierfür plötzlich 45 Minuten Zeit zur Verfügung hast, wirst Du in der Regel 45 Minuten für die Erledigung benötigen. Wenn Du hingegen nur 20 Minuten für die gleiche Aufgabe Zeit hast, so schaffst Du die Aufgabe vermutlich auch in diesen 20 Minuten.

    Diplom- und Doktorarbeiten

    Im Jahr 2020 schrieb ich im Rahmen meiner Weiterbildung zum Dipl. Manager ÖV meine Diplomarbeit. Dafür hatte ich 12 Wochen Zeit. Also rund 84 Tage. Und rate mal, zu welchem Zeitpunkt ich die Diplomarbeit abgegeben habe? Genau: Zwei Tage vor der Frist und damit nach rund 98 % der zur Verfügung stehenden Zeit.

    Dabei unterschied sich die Diplomarbeit, die ich schlussendlich abgab, kaum von der Arbeit, wie sie nach der Hälfte der zur Verfügung stehenden Zeit aussah. Wie tat ich also in den rund 40 Tagen zwischen dem „So-gut-wie-fertig“ und der finalen Version? Ich ging die verschiedenen Kapitel endlos und immer wieder durch, um auch den letzten Rechtschreib- oder Logikfehler noch zu finden. Ich formulierte gewisse Sätze dutzendfach neu, suchte noch bessere Illustrationen und spielte mit der Formatierung herum.

    Eine effektive Arbeitsweise schaut anders aus.

    Ich könnte Dir an dieser Stelle natürlich verraten, dass es mir mit den Artikeln auf dieser Webseite hier immer noch genau so geht. Dies zu verraten untergrübe aber meine Glaubwürdigkeit; deshalb lasse ich es lieber sein …

    Präsentismus

    Vor einiger Zeit arbeitete ich in einem Team, in welchem ein Mitarbeiter einen Job hatte, der saisonal unterschiedlich viel von ihm verlangte: Während der Hochsaison im Sommer lief viel, deutlich weniger Arbeit hatte er in den Wintermonaten. Jetzt könnte man meinen, dass er im Sommer Überstunden machte, die er im Winter wieder abbaute.

    Nun ja, Überstunden machte er im Sommer tatsächlich. Aber im Winter arbeitete er Tag für Tag fast auf die Minute genau so lange, wie im Arbeitsvertrag festgehalten.

    Ist es nicht komisch, dass manche Mitarbeitende immer exakt gleich lange im Büro sind, obwohl ihre tatsächliche Arbeitsmenge starken Zyklen unterliegt?

    Um dem 8-Stunden-Arbeitstag gerecht zu werden, füllen viele Menschen den Tag mit Aufgaben, die eigentlich nichts zum Ergebnis beitragen. Aufgaben, mit denen das Unternehmen kein Geld verdient.

    Die Arbeit dehnt sich aus, um die verfügbare Zeit zu füllen. Deine Mitarbeitenden wollen nicht als faul dastehen, also finden sie zusätzliche Aufgaben, die sie in Angriff nehmen, selbst wenn sie trivial sind. Wenn in deren Arbeitsvertrag festgehalten ist, dass sie täglich acht Stunden arbeiten sollen, füllen sie diese acht Stunden mit irgendetwas – auch wenn dieses „Füllmaterial“ Deinem Unternehmen nichts bringt.

    Warum tun Menschen das? Möglicherweise liegt es daran, dass Du Deine Mitarbeitenden nicht dafür bezahlst, härter zu arbeiten. Frederick Taylor, dessen umstrittene Erkenntnisse im Management als Ausgangspunkt für die moderne Produktivitätsdiskussion gesehen werden können, stellte dies in seinen ersten Studien fest. Fabrikarbeiter taten oft so, als seien sie voll beschäftigt oder fanden Wege, in einem viel entspannteren Tempo zu arbeiten, als es eigentlich möglich war. Aber das war nicht irrational. Härter zu arbeiten bedeutete oft einfach eine höhere Erwartung seitens der Vorgesetzten. Eine höhere Produktivität führte in der Regel dazu, dass die Arbeiter noch mehr Arbeit aufgehalst bekamen.

    Mich erstaunt es, wie oft die Unternehmen uns bei der Arbeit immer noch nach Zeit und nicht nach Resultaten bezahlen. Menschen können acht bis neun Stunden täglich am Arbeitsplatz verbringen, ohne groß etwas zu erreichen; trotzdem werden sie dafür bezahlt und fühlen sich gut dabei. Es gibt in den meisten Unternehmen keine Belohnung für jene Mitarbeitenden, die ihre Arbeit effizienter erledigen.

    Sitzungen

    Aus meiner Berufserfahrung als Angestellter weiß ich: Eine Sitzung dauert immer fast auf die Minute so lang, wie Du dafür einplanst. Wenn Du 60 Minuten für eine Sitzung einplanst, dauerte sie genau so lange – selbst dann, wenn alles Wichtige schon nach 20 Minuten besprochen ist. Die verbleibende Zeit nutzen die Mitarbeitenden nach folgendem Motto: Es ist zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von allen.

    Der Schweizer Beamtenstaat

    Ich wohne in der Schweiz. Der öffentliche Sektor wächst hier überdurchschnittlich: So stieg die Beschäftigung in den öffentlichen Verwaltungen in den letzten 25 Jahren um 33 Prozent. Zählen wir das Gesundheits- und Sozialwesen sowie Bildung und Erziehung dazu, betrug die Zunahme des öffentlichen Sektors sogar 65 Prozent. In der gleichen Zeit wuchs die Gesamtbeschäftigung allerdings lediglich um 12 Prozent. Eine beunruhigende Tatsache. In den anderen deutschsprachigen Ländern schaut es nicht viel anders aus.

    Dabei will ich gar nicht behaupten, dass die möglicherweise unterbeschäftigten Beamten die Beine hochlagern. In den allermeisten Fällen geben sie tatsächlich vollen Einsatz und sind davon überzeugt, dass ihre Stelle tatsächlich benötigt wird. Das Problem: Entweder wenden sie für ihre Arbeit eine Perfektion an, die nicht nötig wäre, oder erledigen Arbeit, die kaum jemandem etwas nützt. Wer ehrlich ist, erkennt das wohl aus dem eigenen Alltag – ob beim Staat oder auch in der Wirtschaft.

    Weitere „Gesetze“ von Parkinson

    Von Parkinson stammt auch das „Gesetz der Trivialität“:

    „Die auf einen Tagesordnungspunkt verwendete Zeit ist umgekehrt proportional zu den jeweiligen Kosten.“

    Parkinson schildert die Sitzung eines Finanzausschusses, in der es um die Bewilligung der Gelder für einen Atomreaktor (10 Mio. $, Diskussionsdauer 2½ Minuten), einen Fahrradunterstand (2’350 $, 45 Minuten) und Kaffee für die Sitzungen eines anderen Ausschusses (monatlich 4,75 $, 1¼ Stunden) geht.

    Das zeigt: In Diskussionen diskutieren wir die einfachsten Themen oft am ausführlichsten, da davon die meisten Teilnehmer etwas verstehen – und nicht die Themen, die am wichtigsten sind. Inkompetenz in wichtigen Sachfragen kompensieren die Menschen durch ausführliche Wortmeldungen zu trivialen Punkten, wodurch es immer wieder zu verheerenden Fehlentscheidungen kommt.

    Und vielleicht kennst Du aus Erfahrung Parkinsons „Gesetz der Verschwendung“, welches besagt:

    „Ausgaben steigen stets bis an die Grenze des Einkommens.“

    Unternehmen, die zeigen, dass es auch anders geht

    Die wenigsten Unternehmen beherzigen heute das Parkinsonsche Gesetz. Ein paar wenige Organisationen sind klüger und zeigen, dass es auch anders geht. Ein paar davon möchte ich Dir hier vorstellen.

    Tower

    Weiter oben erwähnte ich bereits Stephan Aarstol von Tower. Dieses Start-up aus San Diego begriff, dass es nicht sinnvoll ist, die Mitarbeitenden täglich acht Stunden im Büro einzusperren.

    Aarstol, der CEO, arbeitet täglich selbst nur von 8 bis 13 Uhr und erwartet von seinen Leuten dasselbe. Jetzt denkst Du vielleicht: „Ja klar, diese Silicon Valley-Buden mit ihren hippen Programmierern und der humanistisch geprägten Cafeteria; die können sich das natürlich leisten!“ Aber nein: Tower ist nicht eines von diesen Start-ups. Mit gut zwei Handvoll Mitarbeitern stellt Tower SUPs (Paddel-Bretter), also physische Produkte, her und vertreibt diese auf der ganzen Welt. Ein durch und durch klassisches Unternehmen also.

    Das Unternehmen erwirtschaftet jährlich mehrere Millionen Dollar Umsatz und konnte in der TV-Show „Shark Tank“, dem US-Vorbild von „Die Höhle der Löwen“, einen bekannten Investor überzeugen. Und Investoren sind ja nicht dafür bekannt, dass sie alternative Arbeitsmodelle unterstützen – sie wollen möglichst viel Geld verdienen.

    Die Mitarbeitenden bekommen für ihre 25-Stunden-Woche ein volles Jahresgehalt und zusätzlich noch eine Gewinnbeteiligung. Letztlich verdienen sie so fast doppelt so viel pro Stunde wie vorher.

    Aarstol betont, dass es dabei nicht mal primär um Menschenfreundlichkeit geht. Dadurch, dass die Mitarbeitenden genügend Erholungsphasen erhalten, sind sie deutlich produktiver, weniger krank und fallen weniger aus. Unter dem Strich lohnt sich die Sache für das Unternehmen finanziell. Seit der Umstellung auf die 25-Stunden-Woche stiegen die Umsätze um 40 %, bei gleichbleibenden Lohnkosten.

    Treehouse

    Ryan Carson, CEO des Bildungsunternehmens Treehouse, hat festgestellt, dass seine Mitarbeiter glücklicher und produktiver sind, seit er 2006 die 32-Stunden-Woche eingeführt hat. Der Kern von Carsons Führungsphilosophie ist die Überzeugung, dass es nahezu unmenschlich ist, Menschen zu einer 40-Stunden-Woche zu zwingen, wie er in einem Interview erklärte.

    Schweden

    Schweden hat sich an innovative Arbeitszeitmodelle gewagt und ein Experiment gestartet: Statt den klassischen 8 Stunden, arbeiteten die Mitarbeiter nur 6 Stunden. Unter anderem haben das Toyota-Werk und das Svartedalen-Heim in Göteborg sowie das Svartedalen-Heim in Mölndal mitgemacht.

    In allen drei Betrieben stieg die Mitarbeiterzufriedenheit, sanken die Krankmeldungen und die Wirtschaftlichkeit konnte sich leicht bis deutlich verbessern. Das schwedische Toyota-Werk stellte beim Fazit fest: Gleiche Produktivität bei zwei Stunden weniger Arbeitszeit, gesteigerter Umsatz und zufriedenere Mitarbeiter – bestärkt durch dieses positive Ergebnis setzt dieses Toyota-Werk nun schon seit 14 Jahren auf den 6-Stunden-Tag.

    Deutschland

    Man glaubt es kaum, aber auch in Deutschland hat sich ein Unternehmen an ein Arbeitszeitmodell abseits des 8-Stunden-Tags getraut: Mitarbeiter der IT-Agentur Rheingans arbeiten seit Oktober 2017 nur noch fünf Stunden pro Tag – von 8 bis 13 Uhr – und das bei gleichem Gehalt.

    Damit das funktionieren konnte, musste Rheingans zuerst einige Arbeitsprozesse optimieren. Das bedeutet konkret: nur zwingend notwendige Besprechungen, kein Geplauder, keine Social-Media während der Arbeitszeit. Stattdessen fünf Stunden durchgehende Konzentration und effektives Arbeiten. Das hat für Rheingans so gut funktioniert, dass sie den 5-Stunden-Tag bis heute beibehalten.

    Was ist jetzt zu tun?

    Du hast gelesen, was sich hinter dem Parkinsonschen Gesetz verbirgt, wie Beispiele davon ausschauen und Du lerntest ein paar Unternehmen kennen, die es anders machen. Aber auch wenn Du die Arbeitszeit und Arbeitsweise Deines Teams nicht anpassen kannst (zum Beispiel, weil Dein Chef das nicht erlaubt), so hast Du doch Möglichkeiten, etwas klüger mit den Auswirkungen des Parkinsonschen Gesetzes umzugehen.

    Etappenziele setzen und Fristen definieren

    Du kannst dem Parkinsonschen Gesetz einen Strich durch die Rechnung machen, wenn Du für Dein Team Etappenziele festlegst. Zum Beispiel:

    • per 4. Juli liegen drei Ideen für die Kampagne vor und wir entscheiden uns für eine davon
    • am 13. Juli präsentiert das Team den ausgearbeiteten Entwurf
    • bis zum 18. Juli sind alle Teilaufgaben verteilt und terminiert
    • am 3. August findet der Launch der Kampagne statt

    Das ist viel klüger, als wenn Du einfach sagst: „Bis zum 3. August muss die Kampagne stehen.“ So stellst Du sicher, dass Deine Mitarbeitenden die Teilschritte nicht aus den Augen verlieren und die Kampagne rechtzeitig starten kann.

    Wenn Du das nicht machst, besteht die Gefahr, dass Deine Mitarbeitenden der Abgabefrist entspannt entgegensehen und sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigen, da sie ja noch so viel Zeit haben. Und kurz vor der Frist brechen sie in Panik aus und häufen Überstunden an. Grafisch sähe das so aus:

    Grafik: Andreas Hobi

    Das muss nicht sein. Zu lange Fristen richten oft größeren Schaden an als zu kurze.

    Das Parkinsonsche Gesetz zeigt uns, dass eine zu lang gesetzte Frist schwer zu erkennen ist, da sie sich meistens als „gerade noch genug Zeit“ darstellt. Wer nicht aktiv gegensteuert, fällt in einen Teufelskreis aus immer länger werdenden Fristen mit immer niedrigerer Produktivität.

    Stelle Dir an dieser Stelle vielleicht mal die „kontrafaktische Simulationsfrage“: Wie sähe es aus, wenn Dein Team das Projekt in einem Drittel der sonst üblichen Zeit fertigstellen müsste? Wie ginget ihr dabei vor? Auf diese Weise entdeckt ihr Methoden oder Lösungsansätze, die ihr verwenden könnt, um die Arbeit in kürzerer Zeit zu erledigen.

    Bei deutlich zu kurzen Fristen leidet zwar die Arbeitsqualität, jedoch ist diese Situation deutlich leichter zu erkennen als zu lange Fristen – nämlich am Feedback der Mitarbeitenden. Deshalb kann es sinnvoll sein, den Termindruck ab und zu etwas zu erhöhen.

    Besprechungen kürzen

    Plane immer leicht weniger Zeit für eine Sitzung ein, als Du denkst, dass Du benötigst. Knapp bemessene Zeit motiviert Dich und Dein Team. So arbeitet ihr die wichtigsten Punkte effizient ab und verringert unnötiges Abschweifen zu irrelevanten Themen.

    Noch besser ist es natürlich, wenn Du die Sitzungen gleich komplett abschaffst.

    Pufferzeiten streichen

    Streiche Pufferzeiten für einzelne Aufgaben. Puffer sind hilfreiche Spielräume für außerplanmäßige Änderungen, haben jedoch auch ihre Schattenseiten. Gemäß dem Parkinsonschen Gesetz wird am Schluss kein Puffer mehr übrig bleiben.

    Definiere stattdessen einen Gesamtpuffer für das Projekt und takte die einzelnen Aufgaben und Vorgänge straff.

    Unangenehme Aufgaben am Schluss erledigen

    Bei mir sind es meist die unangenehmen Aufgaben, bei denen sich das Parkinsonsche Gesetz bewahrheitet. Ich kenne mich selbst recht gut und weiß, welche Aufgaben ich vorzugsweise „ausdehne“.

    Deshalb plane ich die Erledigung solcher Aufgaben oft kurz vor einer Pause, vor Feierabend oder auch vor einem Termin ein. In der so mir selbst auferlegten begrenzten Zeit arbeite ich die Aufgaben viel effizienter ab.

    Fordere Dich selbst heraus

    Ich liebe es, mich selbst herauszufordern; besonders bei Routineaufgaben, bei denen ich recht gut weiß, wie lange ich für deren Erledigung benötige. Dort versuche ich, die Aufgaben zum Beispiel fünf oder zehn Minuten schneller als üblich zu erledigen.

    Das Tool „Amazing Marvin„, welches ich für mein Aufgabenmanagement nutze, hat eine Stoppuhr einprogrammiert. Ich messe also die Zeit und versuche, die regelmäßig zu erledigenden Aufgaben immer rascher hinter mich zu bringen – ohne dass die Qualität darunter leidet.

    Schau doch mal, ob dieser Gamification-Ansatz auch bei Dir funktioniert!

    Natürlich kannst Du dieses Prinzip auch beim Delegieren von Aufgaben nutzen. Delegiere dabei nicht nur die Aufgabe an Dein Team, sondern gib auch gleich eine konkrete – sportlich bemessene – Zeit vor, in welcher Dein Team die Aufgabe erledigen soll. Möglicherweise stellst Du fest, dass Deine Mitarbeitenden die Zeit auch dann einhalten, wenn sie sehr knapp bemessen ist.

    Natürlich gibt es eine minimale Zeit, die Deine Mitarbeitenden benötigen, um eine bestimmte Aufgabe zufriedenstellend zu erledigen. Die Kunst besteht darin, zu wissen, wie lange diese minimale Zeit ist. 

    Lohnsystem an Leistung ausrichten

    Bei einem Lohnsystem, das auf Präsenzzeit aufgebaut ist, gibt es einige Nachteile. Viele Mitarbeitende denken sich: „Wenn ich die Aufgabe früher als geplant erledige, brummt man mir beim nächsten Mal mehr Arbeit auf.“

    In der Folge arbeiten die Menschen sehr ineffizient. Oft ließe sich die gleiche Ergebnisqualität in nur einem Bruchteil der Zeit erreichen, wenn Dein Unternehmen das Lohnsystem an der Leistung ausrichtet.

    Du könntest nun in Deinem Team ein Lohnsystem einführen, welches nicht auf einem Stundenlohn, sondern auf der individuellen Leistung basiert. Das führt dazu, dass sich die psychologischen Mechanismen, die mit dem Parkinsonschen Gesetz verknüpft sind, gar nicht erst ausbilden können.


    Dieser Artikel von Andreas Hobi ist lizenziert unter CC BY-SA 4.0


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