Wer Erfolg haben will, kommt um Selbstreflexion nicht herum. Journaling ist eine der einfachsten und effektivsten Möglichkeiten, sich selbst zu reflektieren. Erfahre hier alles, was Du über diese Methode wissen musst.
Auf das darfst Du Dich in diesem Artikel freuen
- Ein Journal ist kein Tagebuch
- Die Geschichte des Journaling
- Warum Du ein Journal schreiben solltest
- Top-Performer führen Journale
- Selbstreflexion ist wirksamer als ein Jobtraining
- Die Stoiker empfehlen, sich regelmäßig zu reflektieren
- Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
- Beziehungen
- Mentale und körperliche Gesundheit
- Journaling unterstützt das Arbeitsgedächtnis
- Was Du in Dein Journal schreibst
- Vervollständige den Satz
- Dankbarkeit
- Rückblick
- Ausblick
- Halte wichtige Momente fest
- Wie Du in Dein Journal schreibst
- Material: analog oder digital?
- Journaling mit Stift und Papier
- Journaling mit vorgedruckten Büchern
- Journaling mit einer App
- Material: analog oder digital?
- Wann Du in dein Journal schreiben solltest
- Die Vorteile von Journaling
- Der Nachteil von Journaling
- Fazit
Ein Journal ist kein Tagebuch
Es mag Menschen geben, die beim Wort „Journaling“ an ein klassisches Tagebuch denken. Doch nichts könnte verkehrter sein! Darum lass mich gleich damit beginnen: Journaling ist etwas komplett anderes als Tagebuchschreiben. Beim Journaling schreibst Du Dir nicht „etwas von der Seele“, sondern konzentrierst Dich ganz gezielt auf die Erkenntnisse und Perspektiven, die Du aus Deiner Selbstreflexion gewinnst. Damit ist Journaling ein wichtiges Element Deiner Persönlichkeitsentwicklung.
Beim Journaling geht es um Selbstreflexion. Selbstreflexion bezeichnet die Fähigkeit, über Dich selbst nachzudenken sowie Dein Denken, Fühlen und Handeln zu analysieren und zu hinterfragen. Dabei kannst Du Dich nicht nur selbst als individuelle Person hinterfragen, sondern auch als Teil eines Systems, zum Beispiel als Teil einer Familie oder eines Teams.
Die Geschichte des Journaling
Nicht alles, was aus den USA kommt, begrüße ich. Aber was Persönlichkeitsentwicklung betrifft, sind die USA uns weit voraus. Schon in den frühen Sechzigerjahren nutzen die US-Amerikaner das Schreiben als Selbsthilfetool und sie integrieren es bis heute ganz selbstverständlich unter anderem in psychotherapeutische Behandlungen. So haben etwa Patientinnen und Patienten des New Yorker Psychologen Ira Progoff mit dem „Intensive Journal Program“ schwierige Herausforderungen verarbeitet und überwunden. Auch die Therapeutin Kathleen Adams und der Psychologieprofessor James W. Pennebaker trugen wesentlich zum Journaling bei.
Warum Du ein Journal schreiben solltest
Bist Du in letzter Zeit unzufrieden? Oder hast Du am Morgen Mühe, Dich für die Arbeit zu motivieren? Rennt Dein Leben gerade an Dir vorbei und Du weißt nicht mehr, wo Dir der Kopf steht? In allen diesen Situationen kann Dir Journaling helfen. Denn wenn Du Dich selbst, Deine Gewohnheiten und die Art und Weise, wie Du an Dein Leben herangehst, regelmäßig überprüfst, wirst Du stets die Kontrolle darüber haben, wohin Du Dich bewegst.
In den nächsten Kapiteln gehe ich darauf ein, warum Du ein Journal schreiben sollst. Anschließend erfährst Du, wie Du Dein Journal idealerweise verfasst und worüber Du dort schreiben kannst.
Top-Performer führen Journale
Zu den vielen Top-Performern, die Journale führen, gehört unter anderem der ehemalige US-Präsident Barack Obama. Er sagte dem Time Magazine nach der Ernennung zur Person des Jahres, er führe ein Journal, um seine Gedanken zu klären: „In meinem Leben war das Schreiben eine wichtige Methode, um zu klären, was ich glaube, was ich sehe, was mir wichtig ist und was meine tiefsten Werte sind.“
Auch der Unternehmer Richard Branson und der Investor Warren Buffett schwören auf Journaling, genauso wie US-Moderatorin Oprah Winfrey, die Journaling mal als „das Wichtigste, was ich je in meinem Leben getan habe“ bezeichnete. Seit vielen Jahren führt sie ein Dankbarkeitsjournal und notiert dort jeden Tag fünf Dinge, für die sie dankbar ist.
Es ergibt Sinn, dass so viele erfolgreiche Menschen auf Journaling schwören. Bei Topmanagern zum Beispiel kann jeder noch so kleine Fehler gravierende Folgen haben und hohe Kosten verursachen. Menschen, die hier ohne Selbstreflexion arbeiten, richten hohen Schaden an.
Dee Hock, Gründer und langjähriger Chef von VISA, setzte sich intensiv mit Führungsfragen auseinander. Er kam zum Schluss: Wer Erfolg haben will, sollte mindestens 50 Prozent seiner Zeit in sein Selbstmanagement investieren, um seine Ziele, Prinzipien, Motive und sein Verhalten besser zu verstehen.
Was erfolgreiche Menschen von durchschnittlichen Menschen unter anderem unterscheidet, ist, dass sie jede Woche – wenn nicht sogar jeden Tag – Kurskorrekturen vornehmen, um bei allem, was sie tun, immer besser zu werden. Erfolgreiche Menschen legen genau so viel Wert auf die Reflexion der Vergangenheit wie auf die Planung der Zukunft.
Journaling ist wirksamer als ein Jobtraining
Wenn es um die berufliche Leistung geht, neigen wir Menschen zu dem Glauben, dass Übung den Meister macht: Je öfter wir eine Fähigkeit trainieren, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir die entsprechenden Herausforderungen meistern. Eine Studie legt jetzt jedoch nahe, dass Reflexion ein viel wirksameres Instrument ist, wenn es um die berufliche Leistung geht.
In der Studie wurden 101 Mitarbeitende eines großen Unternehmens in zwei Gruppen aufgeteilt: Reflexion oder Übung. Die Übungsgruppe verbrachte die letzten 15 Minuten ihres Tages mit der Teilnahme an einem regulären Jobtraining, während die Reflexionsgruppe die gleiche Zeit damit verbrachte, über ihre Erfahrungen an diesem Tag und die Lektionen, die sie daraus gelernt hatte, nachzudenken und zu berichten. Alle Teilnehmer absolvierten am Ende der Schulung einen Kompetenztest.
Die Forscher fanden heraus, dass die Teilnehmenden der Reflexionsgruppe im Durchschnitt 15 Punkte mehr bei der Bewertung erreichten als die Teilnehmenden der Trainingsgruppe. Diese Studie zeigt damit, wie wichtig es ist, sich Zeit für die Selbstreflexion zu nehmen.
Eine ganz ähnliche Studie wurde an der Harvard University durchgeführt. Die Teilnehmenden absolvierten ein 8-stündiges Training. Für einige Personen war die Teilnahme anschließend beendet. Andere verbrachten zusätzliche 15 Minuten mit dem Reflektieren und erinnerten sich dank dieser 15 zusätzlichen Minuten an 20 % mehr Informationen.
Die Stoiker empfehlen, sich regelmäßig zu reflektieren
Jonas Salzgeber schreibt in „Das kleine Handbuch des Stoizismus“:
„Eine der am meisten verfochtenen Routinen der Stoiker besteht darin, sich Zeit zu nehmen, in sein Inneres zu schauen und zu reflektieren. Die besten Zeiten dafür? Am Morgen nach dem Aufstehen und am Abend vor dem Schlafengehen.“
So beschreibt Seneca sein abendliches Ritual: „Wenn das Licht gelöscht und meine Frau zur Ruhe gekommen ist, gehe ich meinen ganzen Tag durch und schaue mir an, was ich getan und gesagt habe, wobei ich nichts vor mir selbst verberge und nichts übersehe.“
Und Epiktet schreibt: „Lass keinen Schlaf in deine Augenlider, bis Du alle Taten des Tages aufgeschrieben hast. Wo hast Du Dich geirrt, was getan oder unterlassen? So fang an, und überprüfe Deine Taten, und dann schelte Dich für schlechte Taten, für gute freue Dich.“
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Insbesondere die abendliche Rückschau auf den Tag ist ein wichtiges Element der Selbstoptimierung. Die Rückschau zeigt Dir, was Du zukünftig besser machen kannst. Wenn Du zum Beispiel an eine Präsentation zurückdenkst, die Du gehalten hast, stellst Du vielleicht fest, dass Du ein Redetraining absolvieren solltest.
Möglicherweise stellst Du aber auch fest, dass Deine Wertvorstellungen nicht mit dem Karriereweg übereinstimmen, der vor Dir liegt. In der Folge kannst Du Dir überlegen, den Job oder gar die Branche zu wechseln.
Journaling regt zum Handeln an, sodass Du basierend auf Deinen Erkenntnissen Deine Zukunft in eine bessere Richtung lenken kannst.
Beziehungen
Journaling hat einen positiven Effekt auf Deine Beziehungen. Wenn Du über Streitigkeiten schreibst, gewinnst Du Abstand zu Deinen eigenen Gefühlen und entwickelst mehr Verständnis für Dein Gegenüber. So fällt es Dir leichter, Konflikte auf eine empathische Art und Weise zu lösen, wie Maud Purcell in ihrem Artikel „The Health Benefits of Journaling“ schreibt.
Mentale und körperliche Gesundheit
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Journaling die Symptome von Depressionen und Angstzuständen reduziert. Es ist zudem eine bewährte Methode im Bereich des Stressmanagements sowie in der Therapie von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS).
„Mit dem Schreiben löst sich alles, mein Kummer schwindet, der Mut lebt wieder auf.“ – Anne Frank
Journaling ist außerdem ein effektives Stressmanagementwerkzeug. Durch das Aufschreiben Deiner Gedanken übersetzt Du Deine Emotionen in Worte, wodurch Du sie leichter erkennen kannst. Damit fällt es Dir leichter, Ruhe zu bewahren, präsent zu bleiben und Herausforderungen zu meistern.
In einer Studie mit Englischlehrern fanden Forscher heraus, dass Lehrer, die über die Aktivitäten des Tages reflektierten, seltener von Burn-out betroffen waren. Weitere Studien lassen außerdem darauf schließen, dass regelmäßiges Journaling das Immunsystem stärkt, den Blutdruck senkt und Deine Schlafqualität verbessert.
Auch wenn es paradox erscheinen mag, haben Forscher außerdem herausgefunden, dass es hilft, sich auf seine Gefühle zu konzentrieren und sie kurz und bündig zu benennen, um ihre Intensität zu verringern. Eine Studie über Twitter-Nutzer zeigt die Vorteile dieses Tricks: Die Forscher durchsuchten Twitter-Accounts nach Aussagen, die eindeutig negative oder positive Emotionen ausdrückten, wie z. B. „Ich fühle mich großartig“ oder „Ich fühle mich schlecht“. Sobald ein solcher Tweet identifiziert war, analysierten die Forscher die Tweets, die die Person sechs Stunden vor bis sechs Stunden nach der Aussage geschrieben hatte. Die Daten zeigten ein klares Muster: Etwa eine Stunde vor der Äußerung begannen die Emotionen des Tweeter zu eskalieren. Sobald die Aussage gemacht und die Emotion explizit genannt wurde, zeigten die nachfolgenden Tweets, dass sich die Emotion schnell auflöste.
„Die Ergebnisse waren etwas überraschend“, sagt Johan Bollen, Professor für Informatik an der Indiana University und einer der Autoren der Studie. „Die Menschen wissen nicht immer genau, wie sie sich fühlen. Sobald sie aber in der Lage sind, ihre Emotionen zu erkennen und auszudrücken, geht es ihnen besser“.
Viele Experten bezeichnen Journaling als eine Form des Selbstcoachings. Journaling ist in vielerlei Hinsicht mit dem Gang zu einem Therapeuten oder Psychologen vergleichbar. Es ermöglicht Dir, all das auszudrücken, was Dir durch den Kopf geht, ohne dass Du Angst haben musst, dass jemand Deine Gedanken beurteilt. Deine Einträge werden weder bewertet, noch sind sie für die Öffentlichkeit bestimmt. Sie dienen einzig Dir und Deiner persönlichen Entwicklung. Zudem kannst Du Grammatik und Rechtschreibung komplett außen vor lassen und Dich stattdessen auf den freien Schreibfluss fokussieren.
Aber auch Deine körperliche Gesundheit profitiert von Journaling. Eine Studie ergab, dass 76 Prozent der Patientinnen und Patienten, die vor einer Operation an drei aufeinanderfolgenden Tagen 20 Minuten lang über ihre Gedanken und Gefühle schrieben, sich elf Tage später vollständig von der Operation erholt hatten. In der Kontrollgruppe waren es bloß 42 Prozent.
Elizabeth Broadbent, Professorin für Medizin an der Universität von Auckland in Neuseeland und Mitautorin der Studie, erklärt es in einem Interview mit Scientific American so: „Wir denken, dass das Schreiben über belastende Ereignisse den Teilnehmern geholfen hat, den Ereignissen einen Sinn zu geben und die Belastung zu verringern, was dem Körper hilft, schneller zu heilen.“
Journaling unterstützt das Arbeitsgedächtnis
Weißt Du noch damals im Matheunterricht? Einfache Rechenaufgaben konntest Du problemlos direkt auf dem Aufgabenblatt lösen. Aber sobald die Aufgaben schwieriger wurden, hast Du vermutlich ein Sudelheft zur Hand genommen. Das ergibt Sinn, denn Du kannst schwierige Aufgaben besser lösen, wenn Du sie zuerst auf einem Blatt Papier auseinandernimmst, bevor Du die Lösung dann sauber auf das Aufgabenblatt schreibst.
Das gilt nicht nur für Matheaufgaben, sondern auch für andere Problemstellungen, die Dir in Deinem Leben begegnen. Wenn Du selbstreflektierend darüber schreibst, kommst Du einfacher und oft auch schneller zu einer zufriedenstellenden Lösung. Das Schreiben erweitert Dein Denken und holt Lösungsansätze aus Deinem Unterbewusstsein hervor, auf die Du sonst nicht hättest zugreifen können.
Wenn Du auf ein schwieriges Problem stößt und die Situation zu Papier bringst, betrachtest Du die Dinge automatisch aus verschiedenen Blickwinkeln und kannst die Lösung auf organisierte Art und Weise erarbeiten. Eine Studie ergab, dass Studierende, die ihre schulischen Herausforderungen in einem Journal niederschrieben und dort reflektierten, wie sie die Prüfungsvorbereitungen meisterten, deutlich bessere Testergebnisse erzielten.
Mir geht es oft so: Da stehen dann plötzlich Dinge auf dem Blatt, bei denen ich absolut überzeugt bin, dass die nicht aus meinem Kopf kommen. Ich weiß nicht, woher diese Eingebungen kamen! Es ist, als stellte ich eine Frage an das leere Blatt und es antwortet mir, indem es meine Hand über das Papier bewegt.
Journaling ist dann besonders wertvoll, wenn Du nicht an einem Fließband arbeitest, sondern Deine Brötchen mit den Entscheidungen verdienst, die Du triffst. Wenn Dein Erfolg oder Deine Karriere von der Summe der Entscheidungen abhängt, die Du täglich triffst, ist Selbstreflexion elementar wichtig.
Was Du in Dein Journal schreibst
Nach dem Warum kommen wir nun zum Was. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, mit welchen Inhalten Du Dein Journal füllen kannst.
Vervollständige den Satz
Für Menschen, die ganz neu mit Journaling beginnen, kann diese Methode enorm hilfreich sein. Vielen Anfängern kann das leere weiße Blatt Papier, das es zu füllen gilt, Angst machen. Wenn Du ein paar Sätze als Inspiration hast, die Du dann nur noch vervollständigen musst, kann das eine große Hilfe sein. Hier ein paar Inspirationen:
Journaling am Morgen:
- Heute freue ich mich besonders auf …
- Heute fokussiere ich mich auf …
- Meine wichtigste Aufgabe heute ist …
- Wie kann ich heute meinen Zielen näher kommen?
- Welche Probleme könnten mir heute begegnen?
Journaling am Abend:
- Heute bin ich dankbar dafür, dass …
- Heute bin ich stolz auf …
- Heute lernte ich …
- Heute hätte ich Folgendes besser machen können …
- Heute ist mir Folgendes besonders gut gelungen …
- Mein Held des Tages ist …
- Heute ist Folgendes wichtiges passiert …
- Gab es Veränderungen und wenn ja, wie haben sie mich beeinflusst?
- Was habe ich anders gemacht als sonst und mit welchem Ergebnis?
- Wo und wie bereichere ich das Leben von anderen?
- Worauf könnte ich verzichten, tue es aber nicht?
- In welchen Situationen stehe ich mir selbst im Weg?
- Habe ich mich heute wie die Person verhalten, die ich sein oder werden möchte?
- Hilft mir das, was ich heute tat, meine Ziele zu erreichen?
- Welchen Einfluss haben andere Menschen in meinem Leben auf mich?
- Wie glücklich wäre ich in fünf Jahren, wenn ich genauso weiter mache?
Ich richte mich in der Regel nicht nach den oben aufgeführten Fragen, sondern frage mich ganz einfach: Was lief heute gut? Was lief schlecht? Und warum? Vor allem die letzte Frage ist entscheidend, die Frage nach dem Warum. Denn damit finde ich heraus, was zu den guten und schlechten Dingen führte und was ich entsprechend in Zukunft beibehalten oder vermeiden sollte.
Dankbarkeit
Oft konzentrieren wir uns auf die eine Sache, die falsch läuft und übersehen die vielen Dinge, die gut laufen. Wenn Du aufschreibst, was in Deinem Leben gut läuft und wofür Du dankbar bist, wirft das ein neues Licht auf Dein Leben. Das können allgemeine Dinge sein (Familie, Gesundheit, etc.) oder auch spezielle Ereignisse des aktuellen Tages („…dass ich in der hitzigen Sitzung so ruhig blieb.“)
Dabei empfehle ich Dir, hier auf Qualität statt Quantität zu achten. Schreibe nicht möglichst viele Dinge auf, sondern wähle gezielt die wichtigsten Sachen aus, beschreibe diese dann dafür detailliert. Je spezifischer Du die Dinge beschreibst, desto besser.
Manchmal hilft es, den Fokus hier mehr auf Menschen und Erlebnisse und weniger auf materielle Dinge zu legen. Vielleicht war es das Lächeln einer Verkäuferin oder der Plausch mit einem Kollegen, was Deine Stimmung aufhellte. Oder vielleicht ist Dir heute eine Aufgabe besonders gut gelungen.
Wenn Du später mal Deine früheren Einträge liest und Deine Erfolge vor Augen führst, erkennst Du, wie spannend und toll Dein Leben ist und gewinnst dadurch an Selbstmotivation. Eine Studie ergab zudem, dass Menschen, die eine Woche lang jeden Tag drei gute Dinge aufschrieben, selbst noch nach sechs Monaten im Vergleich zur Kontrollgruppe zufriedener und weniger deprimiert waren.
Rückblick
Frage Dich abends rückblickend, ob Du in einer bestimmten Situation noch einmal genau gleich handeln oder was Du anders machen würdest. Das hilft Dir, zukünftig in ähnlichen Situationen vielleicht besser zu reagieren.
Der Bestseller-Autor und Gründer von getAbstract, Rolf Dobelli, beschreibt es in einem Interview mit der WirtschaftsWoche vom 13. Oktober 2017 ganz schön:
Absolvieren Sie am Ende jedes Tages eine Manöverkritik mit sich selbst: Wo sind Sie heute durchgefallen? Wo haben Sie sich den Tag von toxischen Emotionen vergiften lassen? Von welchen Schlägen, die jenseits Ihrer Kontrolle liegen, haben Sie sich erschüttern lassen? Welche mentalen Werkzeuge könnten die Lage verbessern?
Das abendliche Schreiben ins Journal hilft Dir zudem, Dir darüber klar zu werden, ob Deine Werte und persönlichen Ziele eingehalten werden – sowohl von Dir als auch von den Menschen um Dich herum. So kannst Du einerseits Dich selbst verbessern und andererseits spürst Du so, ob Du Deine Zeit mit den richtigen Menschen verbringst. Wenn Du etwa der Ansicht bist, dass es wichtig ist, der nächsten Generation einen sauberen Planeten zu hinterlassen, Du aber für ein Unternehmen arbeitest, das den Himmel und die Ozeane verschmutzt, widerspricht das Deinen Werten.
Hinterfrage dabei alles! Denke über jede Entscheidung nach, die Du getroffen hast. In welchem Kontext trafst Du die Entscheidung? Was hast Du mit dieser Entscheidung erreicht? Welches Wissen trug zu dieser Entscheidung bei? Stelle Dir auch die Alternativen vor. Was wäre passiert, wenn Du andere Entscheidungen getroffen hättest? Wärst Du dann näher an Deine Ziele gekommen?
In den Antworten zu diesen Fragen verstecken sich viele Erkenntnisse. Ordne diese Erkenntnisse und suche nach Mustern. Was kannst Du aus diesen Mustern lernen? Musst Du aufgrund dieser Muster Maßnahmen ergreifen?
Ich mache das fast täglich und wäre vermutlich nicht an dem Punkt, an dem ich jetzt bin, wenn ich das nicht täte.
Ausblick
Aber nicht nur der Rückblick, auch der Ausblick kann wertvoll sein. Ich verfasse unter anderem Einträge, wenn ich vor wichtigen Entscheidungen stehe. Dort skizziere ich meine Argumentation und lege gleichzeitig auch die stärksten Gegenargumente vor. Ich führe also im Prinzip ein inneres Zwiegespräch mit mir selbst.
Du kannst Dir nicht vorstellen, wie rasch Du merkst, dass Deine Argumentation Lücken aufweist, wenn Du versuchst, Deine Gedanken niederzuschreiben! Selbst bei Dingen, von denen ich „gefühlsmäßig“ absolut überzeugt war, stellte ich beim Aufschreiben fest, dass ich die Sache wohl nicht ganz durchdacht habe. Wäre mir dies durch das Aufschreiben nicht bewusst geworden, hätte ich viel Zeit und Geld verloren!
Ein paar Minuten täglicher Selbstreflexion können Dir Tage, Wochen oder sogar Monate unnötiger Arbeit, Misserfolge und Frustrationen ersparen. Das ist genau der Grund, warum die Top-Performer oft eine Selbstreflexionskomponente in ihre tägliche Routine einbauen.
Halte wichtige Momente fest
Für mich hat mein Journal noch eine andere wichtige Funktion. Es hilft mir, wichtige Momente so festzuhalten, dass ich auch noch in Jahrzehnten genau weiß, „wie es damals war und was mich damals beschäftigte“. Nehmen wir den 11. September 2001 oder die Coronapandemie: Es gibt so viele Dinge, die im Moment so außergewöhnlich sind und von denen wir überzeugt sind, dass wir alle diese Details (und unsere damit verbundenen Gedanken) nie mehr vergessen werden. Und trotzdem werden wir die Details vergessen. Schreibe deshalb auch die kleinen Dinge auf und halte sie fest: Wie schaut der Alltag in diesen Situationen im Detail aus?
Es kann ganz spannend sein, in vielen Jahren mal zu lesen, wie Du die Zeit damals erlebt hast. Oder – um bei der Coronapandemie zu bleiben – Du erkennst, wie sich Deine Gedanken und Handlungen über die Zeit verändert haben. Vielleicht siehst Du so auch klarer, welche Situationen Du von Anfang an richtig eingeschätzt und wo Du Dich völlig geirrt hast. Beschreibe die Zusammenhänge, Ereignisse, Gedanken, Emotionen und Dein Verhalten so detailliert, als würdest Du ein Bild malen.
Ich zum Beispiel habe damals die Dauer der Coronapandemie komplett unterschätzt. Im Frühling 2020 wunderte ich mich, dass die Supermärkte viel Geld für Plexiglasscheiben an den Kassen ausgaben wegen eines Virus, welcher „in zwei, drei Monaten Geschichte sein wird“. Tja, so kann man sich täuschen … Aber genau das ist der Sinn des Journaling: Zu erkennen, dass man einen Denkfehler gemacht hat, daraus zu lernen, und so den gleichen Fehler nicht mehr zu wiederholen.
Doch es gab auch umgekehrte Situationen. So investierte ich ab 2014 immer mal wieder in Tesla-Aktien, obwohl viele Bekannte und sogar „Experten“ in den Medien davon abrieten. Manche schmunzelten sogar über meine Begeisterung für Tesla. Heute bin ich derjenige, der lacht. Solche Erlebnisse helfen mir dann wieder, standhaft zu bleiben, wenn ich von einer Sache wirklich überzeugt bin; selbst dann, wenn ich komplett gegen den Strom schwimme.
Wie Du in Dein Journal schreibst
Das warum und was haben wir nun geklärt. Kommen wir nun zum wie. Ich empfehle Dir, einen ruhigen Ort zu suchen, der frei von Ablenkungen ist. Beherzige zudem die folgenden Tipps.
Material: analog oder digital?
Manche Menschen bevorzugen das Schreiben mit Stift und Papier, andere schwören auf vorgedruckte Journale und wieder andere nutzen Apps und Computer für das Journaling. Ein richtig oder falsch gibt es hier nicht. Richtig ist das, was sich für Dich gut anfühlt. Trotzdem hat natürlich jede Methode ihre Vor- und Nachteile, wie Du in den folgenden Kapiteln siehst.
Journaling mit Stift und Papier
Beim Schreiben mit Stift und Papier nutzt Du Deine kreative und intuitive linke Gehirnhälfte, während die rechte analytische und rationale Gehirnhälfte mit dem Motorischen beschäftigt ist. Deine Gedanken fließen dadurch leichter. Zudem wissen wir aus der Neurowissenschaft, dass wir beim Schreiben mit der Hand eher darüber nachdenken, was wir aufschreiben und damit stärker selektieren als etwa beim Schreiben mit einer Tastatur. Von Hand konzentrieren wir uns mehr auf das Wesentliche und sind fokussierter. Diese Kombination aus Denken und Schreiben führt oft zu neuen Erkenntnissen, Perspektiven und Ideen.
Deshalb kann es sinnvoll sein, wenn Du Dein Journal von Hand schreibst.
Ein schönes Buch oder ein besonderer Stift kann dabei Deine Motivation zum Schreiben noch erhöhen. Hier darfst Du Dir ruhig etwas gönnen, denn schließlich werden das Buch und der Stift von nun an Deine täglichen Begleiter sein!
Journaling mit vorgedruckten Büchern
Auf dem Büchermarkt gibt es viele Journale, die bereits „vorgedruckt“ sind. Du brauchst dort nur noch die Lücken zu füllen und die täglichen Fragen zu beantworten. Tatsächlich können solche vorgedruckten Journale insbesondere für Anfänger eine Hilfe sein. Falls Du beim Journaling gerne mehr Anleitung und eine klare Struktur hast, kannst Du unter anderem auf diese vorgedruckten Journale zurückgreifen:
- Das 6-Minuten-Journal: Dieses Journal ist ein Bestseller! Es kommt in einem eleganten Design daher, ist mit inspirierenden Zitaten angereichert und Du kannst damit auch Deine Wochen planen sowie Gewohnheiten tracken.
- Meine Morgenseiten: Wenn Du zu den Menschen gehörst, die ihr Journal gerne am Morgen führen, ist diese Vorlage ideal. Nebst viel Platz für Deine Einträge findest Du hier auch einen Theorieteil zu den psychologischen Grundlagen sowie viele Tipps und Tricks.
- Das Klarheit-Journal: Hier findest Du ein Journal, einen Terminplaner und ein Selbst-Coaching in einem. Nebst täglichen Einträgen gibt es hier auch Platz für einen Monats- und Jahresrückblick.
Mit der Zeit können diese Bücher aber auch langweilig und eintönig werden, da Du dort jeden Tag dieselben Fragen beantwortest. Jeden Tag das gleiche Ritual. Mit einem Journal, welches Du selbst auf leere Seiten schreibst, kannst Du mehr Abwechslung in die Geschichte hereinbringen.
Natürlich kannst Du auch selbst eine solche tägliche Vorlage mit Deinen eigenen Fragen erstellen.
Ich habe das mit einem vorgedruckten Journal mal versucht, fand es dann aber bald ziemlich langweilig. Mir hilft es mehr, wenn ich flexibel bleibe und mir jeden Tag ein neues Thema aussuchen kann, zu welchem ich mir vertiefte Gedanken mache.
Journaling mit einer App
Auch wenn das Schreiben mit Stift und Papier den kreativen Prozess fördert, heißt das nicht, dass das Nutzen einer App oder eines Computers völlig verkehrt ist. Apps bieten Dir Vorteile, die das Journaling attraktiver machen können: Du kannst Deine Texte mit Schlagworten oder mit Bildern vom Smartphone ergänzen, Fortschritte in Grafiken verfolgen oder Erinnerungen einrichten.
In Deinem App Store findest Du viele solche Apps. Eine gute Journaling-App sollte über diese Funktionen verfügen:
- Einfaches Erstellen von Einträgen: Je weniger Schritte nötig sind, um einen Eintrag zu erstellen, desto eher wird Journaling für Dich zu einer täglichen Routine.
- Minimalistisches Design: Beim Journaling geht es um Deine Gedanken; eine App sollte Dich nicht davon ablenken. Je mehr Werbung, Banner oder andere Dinge es in der App gibt, desto schwieriger kann es Dir fallen, die Einträge zu erstellen.
- Exportmöglichkeit: Vielleicht wird Dir die App irgendwann nicht mehr gefallen. Dann bist Du froh um die Möglichkeit, Deine Einträge zu exportieren und in einem anderen Programm wieder verwenden zu können.
- Synchronisierung mit anderen Geräten: Idealerweise erlaubt Dir eine App die Möglichkeit, Einträge auf dem Smartphone, Tablet und Computer zu erfassen und alles zwischen den Geräten zu synchronisieren.
Viel wichtiger als die Art und Weise, wie Du Dein Journal führst, ist, dass Du am Ball bleibst und regelmäßig schreibst.
Wann Du in Dein Journal schreiben solltest
Den einen idealen Zeitpunkt für Journaling gibt es nicht. Vielleicht gehörst Du zu den Menschen, die den Tag mit ein paar schönen Worten und Gedanken beginnen möchten und sich so für den bevorstehenden Tag motivieren. Vielleicht aber gehörst Du – so wie ich – zu den Menschen, die lieber Abends den Tag reflektieren und auf diese Weise versuchen, sich zu optimieren.
Finde heraus, was für Dich besser passt. Natürlich spricht auch nichts dagegen, beides zu tun.
Viel wichtiger als die Frage, wann Du in Dein Journal schreibst, ist die Frage, wie oft Du es tust. Regelmäßigkeit ist enorm wichtig! Schreibe lieber regelmäßig während fünf Minuten in Dein Journal, als nur alle paar Wochen für eine halbe Stunde.
Natürlich ist es nicht schlimm, wenn Du das Journaling einmal vergisst. Wichtig ist einfach, dass Du es so rasch als möglich wieder machst.
Keine Zeit für Journaling?
Möglicherweise sagst Du jetzt: „Mein Tag ist bereits bis zur letzten Minute verplant; ich habe keine Zeit für Journaling!“ Falls dies auf Dich zutrifft, hier eine kleine Geschichte für Dich:
Ein Mann geht im Wald spazieren. Nach einer Weile sieht er einen Holzfäller, der völlig erschöpft versucht, einen Baumstamm zu zersägen. Er stöhnt und schwitzt und hat offensichtlich viel Mühe mit seiner Arbeit.
Der Spaziergänger tritt etwas näher heran, und erkennt schnell die Ursache. Er sagt zum Holzfäller: „Guten Tag. Ich sehe, dass Sie sich Ihre Arbeit unnötig schwer machen. Ihre Säge ist stumpf – warum schärfen Sie sie nicht?“
Der Holzfäller schaute nicht einmal hoch, sondern zischte nur durch die Zähne: „Ich habe keine Zeit, die Säge zu schärfen. Ich muss sägen!“
Journaling hilft Dir, Dein Leben sowie Dein Zeit- und Selbstmanagement wieder im Griff zu haben. Ich kann Dir aus eigener Erfahrung versichern: Die Zeit ist hervorragend investiert.
Die Vorteile von Journaling
Journaling hat enorm viele Vorteile. Hier eine Auswahl davon:
- Die Methode ist günstig: Stift und Papier reichen bereits aus.
- Du bist zeitlich und örtlich flexibel und kannst selbst bestimmen, wann, wo und wie lange Du in Dein Journal schreibst.
- Die Methode ist sehr einfach und Du brauchst nichts zu erlernen.
- Bereits nach wenigen Tagen siehst Du die ersten Erfolge und Veränderungen.
- Du triffst Entscheidungen objektiver als bisher.
- Du reflektierst, was Du den Tag über gelernt hast.
- Du kannst mit negativen Erlebnissen abschließen.
- Du reduzierst die Gefahr, dass Du gemachte Fehler wiederholst.
Der Nachteil von Journaling
Aus meiner Sicht gibt es nur einen einzigen Punkt, bei dem Du aufpassen musst:
- Falls Du in der Vergangenheit mit psychischen Problemen zu kämpfen hattest, prüfe zuerst mit einem Arzt, ob bei Journaling die Gefahr besteht, dass alte Wunden wieder aufgerissen werden. Durch die Auseinandersetzung mit Deinen Gedanken könnten schmerzhafte Erinnerungen wieder hochkommen.
Fazit
Es ist enorm wichtig, eine Feedbackschleife zu haben: Du musst konstant darüber nachdenken, was Du getan hast und wie Du es besser machen kannst. Journaling kann Dir dabei helfen. Denn schließlich gilt:
Wir lernen nicht aus Erfahrungen, sondern aus dem Reflektieren unserer Erfahrungen.